Woher ich diese Idee habe, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr. Es ist jedenfalls nicht auf meinem Mist gewachsen, aber ich nutze das Konzept seit einiger Zeit.
Im Laufe des Jahres notiere ich mir, wenn jemand in meinem Umfeld stirbt, den Namen, und was er für mich bedeutet hat. In den Tagen vor Samhain setze ich mich auch noch einmal mit meinen übrigen Ahnen des Herzens und des Geistes auseinander: Wer ist noch immer mein Held, mein persönliches Vorbild? Und warum?
Daraus stelle ich eine Liste zusammen mit allen Vorfahren, derer ich gedenken möchte.
In diesem Jahr haben wir Schwimmkerzen entzündet (Tipp: Besorgt euch die im Sommer! Im Oktober kriegt man die kaum noch, weil es Saisonware ist.) Bei jeder Kerze habe ich einen Namen genannt und die Bedeutung dieser Person für mich.
Also z.B.: Diese Kerze entzünde ich für Anne Schmitt, weil sie mir von Anfang an eine gute Nachbarin war. Diese Kerze entzünde ich für Eric Canali, der mir ein Vorbild inspirituellen Dingen ist….
Im nächsten Jahr beginne ich mit dieser Liste als Grundlage. Unter Umständen kann das Ritual dadurch sehr lang werden, aber hey, das ist es wert.
Dieses Samhainritual war insofern etwas Besonderes, weil ich diesmal nicht allein, sondern gemeinsam mit meinen Eltern und Schwestern gefeiert habe, allesamt katholisch und in der Kirche engagiert.
Für die meisten von ihnen war es das erste Mal, dass sie einen Einblick in meinen Glauben bekommen haben. Ich habe das Ritual bewusst so gestaltet, dass es sehr persönlich ist und jeder sich mit einbezogen fühlt in die Kernarbeit. Jeder sollte vorab einen Brief an einen Verstorbenen schreiben, der ihm viel bedeutet hat bzw. dem er noch etwas sagen wollte. Die Briefe wurden nicht vorgelesen, sondern in einen Briefumschlag mit etwas Räucherwerk gepackt und verschlossen.
Es war ein wunderbares Ritual, das mich noch lange beschäftigt hat. Viele Erinnerungen sind hochgekommen, bei uns allen, und so sollte es auch sein.
Lied: Kommt zum Hain
Eröffnung/Anlass
Dunkel ist es und
kalt und ungemütlich. In dieser Nacht, der Nacht von Samhain, stehe
ich hier draußen zwischen den Jahren. In dieser Nacht, in der die
Schleier zwischen den Welten dünn sind, grüße ich meine Vorfahren.
Ich erinnere mich an die, die von uns gegangen sind und halte die
Erinnerung an sie wach. Ich lasse sie in meinem Herzen wieder
lebendig werden.
REINIGUNG
Mutter Erde
begrüßen
Kühl streicht der
Wind über meine Haut, kühl streicht er über deine Haut, Mutter
Erde. Nebelschwaden hüllen dich ein und verbergen dich oft vor
meinem Blick.
Tautropfen glitzern
auf den Spinnwebfäden, die sich zwischen den Gräsern spannen,
die sich zwischen
den Ästen spannen, die sich zwischen mir und der Welt spannen:
Zeichen für das
große Netz des Lebens, in dem wir alle miteinander durch dich
verbunden sind, durch den Raum und durch die Zeit.
Nicht gefangen,
nicht hilflos, sondern als denkende, fühlende Wesen mit
Verantwortung füreinander.
Halte mich, Mutter
Erde, sei mein Anker im Hier und Jetzt, wenn sich die Schleier
zwischen den Welten öffnen und Zeit und Raum keine Rolle mehr
spielen. Amen!
KOSMOS
Lied: Himmel über
mir
Torhüter/Tore
öffnen
KINDRED EINLADEN
Ehrengast
Nehalennia,
du wachst über die
Fracht, und sorgst dafür, dass sie sicher ihr Ziel erreicht.
Die meiste Zeit über
handelt es sich um irgendwelche Güter,
aber manchmal
handelt es sich dabei um Seelen,
die auf dem Weg in
die Anderswelt ihrer Wahl sind.
Du geleitest sie
über Wellen und Wogen,
durch die Schleier
hindurch und über den Regenbogen,
bis sie das andere
Ufer erreichen
und ihren Platz
einnehmen können, ob in der Unterwelt, auf den Inseln im Westen oder
im Himmel.
Dich begrüßen wir
heute als unsere Fährfrau.
Wenn wir deine
Dienste auch nicht persönlich benötigen,
so ehren wir dich
doch als Führerin der Toten.
Opfergebet
Lied: Sehet mich
OMEN
BITTE UM
SEGEN/HEILIGUNG
…
Instrumental:
Southwind
Kernarbeit:
(vorbereitete
Briefumschläge mit Räucherwerk bereitlegen, große flache
Schale(Quelle) und Schwimmkerzen, Feuerzeug)
Heute erinnern wir
uns an die, die uns vorausgegangen sind, unsere Vorfahren. Nicht nur
die leiblichen Vorfahren, sondern auch die, die uns ein Vorbild
waren, unsere persönlichen Helden, und die, die uns ans Herz
gewachsen sind. Wir reichen durch die Schleier zwischen den Welten
hindurch und grüßen euch.
Für manche von euch
haben wir noch eine persönliche Botschaft, etwas, das wir euch noch
sagen wollten.
Euch alle haben wir
nicht vergessen, und ihr ihr werdet auch nicht in Vergessenheit
geraten, so lange wir uns an euch erinnern können, an eure
Erlebnisse, an eure Geschichten, an das, was ihr für uns bedeutet
habt.
(Hinweis an die
Gruppe)
Ich bitte euch nun,
eure Briefe nacheinander ins Feuer zu werfen und zu sagen, für wen
dieser Brief bestimmt ist. Wer mag, kann sich daran anschließen, und
etwas erzählen, was er mit demjenigen verbindet.
Für die Vorfahren,
an die wir uns erinnern wollen, aber ohne einen persönlichen Brief,
zünden wir eine Schwimmkerze an. Ihr seid eingeladen, alle zu
nennen, die euch wichtig sind.
(Das Buch der
Toten 2019 verlesen)
anschließend: Möge
die Straße (Lied)
DANK UND
VERABSCHIEDUNG
TORE SCHLIEßEN
Verabschiedung
von Mutter Erde
Was von dir kam,
Mutter Erde, kehrt irgendwann zu dir zurück.
Nie ist uns das so
bewusst wie in dieser Zeit, wenn die Welt um uns trüb und nass und
neblig erscheint.
Vergänglich sind
auch diese Dinge, die ich nicht benötigt habe.
Nimm sie von mir,
Mutter Erde, und nimm meinen Dank.
Beendigung des
Rituals
Mein Ritual nähert
sich dem Ende:
Ich habe meinen Bund
mit den Kindred bestätigt und gefestigt.
Ich habe mich an
meine Ahnen erinnert, daran, wo ich herkomme und mit wem ich
verbunden bin. Nun sind die Tore geschlossen: Das heilige Feuer ist
erloschen, doch in uns brennt es weiter. Die heilige Quelle ist
versiegt, doch in uns fließt sie ewig. Der Weltenbaum mag schwanken,
doch wir stehen stark und fest auf dieser Erde.
Über die USA schwappt aus Schweden in letzter Zeit ein neuer heidnischer Brauch herüber. Dabei handelt es sich um eine Adaption des christlichen Adventskranzes. Durchaus okay für mich, denn auch wir bereiten uns ja auf Mittwinter und die Sonnenwende vor.
Der Kranz bzw. das Gesteck umfasst 6 Kerzen, die jeweils mit den ersten 6 Runen beschriftet werden. Jede Woche wird eine Kerze mehr angezündet, mit einem passenden Gedicht dazu. Das offizielle Gedicht findet ihr hier in verschiedenen Sprachen: https://www.facebook.com/pg/vantljusstaken/photos/?tab=album&album_id=2040025936018459&ref=page_internal
Der Podcast ‘Gifts of the Wyrd’ hat ebenfalls eine Episode zu diesem Thema auf Lager. Und in der neuesten Ausgabe der ADF-Mitgliedszeitschrift Oak Leaves (Samhain 2019) gibt es auch einen ausführlichen Artikel dazu.
Da es mich persönlich aber nicht so anspricht, habe ich mir eine eigene Version davon geschrieben. Passend dazu gibt es im Anschluss eine Kernarbeit für ein Mittwinterritual. Und da ich die Verse nicht einfach so in der Luft hängen lassen sollte, gibt es passend dazu Aktivitätenvorschläge, wie man sich ganz konkret mit dem Thema auseinandersetzen kann.
Ich wünsche euch viel Vergnügen und eine schöne Vor-Sonnwendzeit!
Gegen das Dunkel entzünden wir das erste Licht,
Fehu,
das von Wohlstand spricht.
Wir
bedenken, was wir haben,
und
geben davon weiter,
kein
Hort, sondern ein Fluss,
so
birgt es keinen Verdruss.
(Aktionsmöglichkeiten: Essensspende, Weihnachtsgeschenk packen für Bedürftige, …)
Gegen
das Dunkel entzünden wir das zweite Licht,
Uruz,
das von der Kraft der Erde spricht.
Gesundheit
ist ihr hohes Gut,
ihr
Boden gibt uns Halt,
Stärke
und Ausdauer schenkt sie viel
mit
Geduld führt sie uns an unser Ziel.
(Aktionsmöglichkeit:
sich selbst erden und mit der Erde verbinden durch einen
Waldspaziergang, Sport treiben, etwas mit Kräutern machen, den
Garten für das Frühjahr planen…)
Gegen
das Dunkel entzünden wir das dritte Licht
Thurisaz,
das von Chaos spricht.
Die
feste Ordnung wird verwehrt,
das
Festgefügte wird gestört.
So
kommt Bewegung in das Spiel,
ein
steter Wandel, nicht zu viel.
(Aktionsmöglichkeit:
an einer Demo teilnehmen, schwierige Themen/Probleme ansprechen bzw.
etwas dagegen tun)
Gegen
das Dunkel entzünden wir das vierte Licht
Ansuz,
das von Sprache spricht.
Von
Weisheit und Schutz,
Vision
und Gesang.
Wir
reden miteinander, so wächst das Versteh‘n,
wir
können nebeneinander besteh‘n.
(Aktionsmöglichkeit:
andere Leute/Gruppen kennenlernen, ein Flüchtlingscafé, eine andere
Kirche…)
Gegen
das Dunkel entzünden wir das fünfte Licht
Raidho,
das vom Wege spricht.
Jede
Entscheidung, die wir treffen,
lässt
uns etwas Neues lernen.
Stetig
dreht sich das Rad der Zeit,
auf
und ab führt der Weg so weit.
(Aktionsmöglichkeit:
überlegen, was man gerne im nächsten Jahr Neues lernen
möchte/welches Buch lesen/welche Sportart oder Meditationstechnik
ausprobieren, was man verändern möchte und konkrete Schritte
einleiten (anmelden, organisieren…) …)
Gegen
das Dunkel entzünden wir das sechste Licht,
Kenaz,
das von Feuer spricht.
Vom
Funken des Lebens
von
Hoffnung und Leidenschaft.
Sein
heller Schein, des Opfers Licht,
erfülle
uns mit Zuversicht.
(Aktionsmöglichkeit:
sich mit Freunden/Verwandten treffen, kleine Kerzen verschenken oder
eine andere Aufmerksamkeit, …)
In der Mittwinternacht:
(Eine
große Sonnenkerze in der Mitte, die FUTHARK-Kerzen drum herum.
Während
man die einzelnen Verse spricht, werden die Kerzen nacheinander
angezündet.)
Die
Schatten werden länger, dunkle Finger, die sich nach uns
ausstrecken, die uns glauben machen, es gäbe kein Morgen mehr.
Doch
in dieser Nacht, der längsten Nacht, wenn das Dunkel und Kälte die
Oberhand zu haben scheinen,
in
dieser Nacht entzünden wir unsere Feuer:
das
Feuer auf unserem Altar und das Feuer in unserem Herzen!
Und
mit diesen Feuern rufen wir das dritte Feuer herbei:
das
Feuer der Sonne,
das
Feuer des Lebens, der Wärme und des Wandels,
das
Feuer der Kreativität, der Liebe und Leidenschaft!
(ggf.
bietet sich hier eine Trommelrunde an, bis jemand die Sonnenkerze auf
dem Höhepunkt anzündet)
Und
so machen wir uns bewusst,
dass
der Kreislauf des Lebens von Neuem beginnt
und
uns so neue Möglichkeiten und einen Grund für Hoffnung bietet.
Und
so feiern wir gemeinsam die Rückkehr der Sonne,
noch
blass und schwach,
aber
mit dem Versprechen von Wärme und Licht!
(hier
können gemeinsam Mittwinterlieder gesungen werden, etwas gegessen
und Geschenke ausgetauscht werden)