Obwohl die Sonne so wichtig für die Menschen ist, war es doch der stürmische Donnergott, der von ihnen besonders verehrt wurde. Warum Perún, Perkunas etc. so wichtig war, davon verschafft uns dieses Märchen einen Eindruck…
Einmal, vor langer, langer Zeit, trafen sich an einem schönen Frühlingstag drei Götter: Die Sonnengöttin fuhr in ihrem Wagen spazieren, der Gott von Frost und Eis zählte seine Schneeflocken und der Sturmgott trieb fröhlich ein paar Wölkchen vor sich her. Sie begannen ein Gespräch über dies und das, und weil Götter nun mal so sind, kam das Gespräch bald darauf, wer von ihnen der der Größte sei und die meiste Macht habe.
Die Sonnengöttin schüttelte den Kopf, das ihre langen goldblonden Haare flogen: „Es ist doch völlig klar! Die Leute lieben mich: Ich bringe ihnen Wärme und Licht. Daher habe ich wohl die meiste Macht von uns dreien.“
Doch der Herrscher über den Frost lachte: „Wenn du dich da mal nicht täuschst. Sie mögen dich lieben, aber mich fürchten sie gewaltig. Wenn den Menschen erst die Kälte in die Glieder fährt, ist ihre Furcht groß. Darum bin ich eindeutig der Mächtigste von uns.“
„Nun ja“, warf der Windgott ein, der sich bislang zurückgehalten hatte. „Wisst ihr, eigentlich bin ich der mächtigste Gott von uns dreien.“
Da lachten Sonne und Frost ihn aus. „Du? Du willst der mächtigste Gott von uns sein? Das glaubst du doch selbst nicht!“ Und sie lachten, dass die Sonne rote Wangen bekam und dem Forst die Schneeflocken aus den Taschen fielen. Der Wind blieb aber ganz ruhig und lächelte fein.
„Warum gehen wir nicht hin und fragen die Menschen? Lasst uns einen Spaziergang über die Erde machen. Dann werden wir sehen, wer recht hat.“
Die beiden anderen fanden das eine hervorragende Idee und so machten sie sich auf den Weg.
Nach kurzer Zeit trafen sie auf einen Bauern, der von seinem Feld kam. Als er die drei Götter sah, verbeugte er sich tief.
Prompt begannen die Götter zu diskutieren.
„Seht ihr, er hat mich gegrüßt!“, behauptete die Sonne. „Sein Gruß galt mir, daher bin ich die Siegerin.“
„Nein, er hat mich gemeint.“, war der Frost überzeugt. „Er hat sich in meine Richtung verbeugt, daher bin ich der Gewinner.“
„Ihr täuscht euch beide, denn er hat mich gemeint.“, widersprach der Wind den beiden.
„Niemals!“, gaben die beiden anderen zurück.
Daraufhin eilte der Wind dem Bauern hinterher und sprach ihn an: „Du hast dich gerade verbeugt, aber vor wem von uns?“
„Na, vor euch, Herr Wind!“, entgegnete der Bauer sofort.
Hui, waren Sonne und Frost da sauer!
„Das gibt Ärger!“, versprach sie Sonne, sprang auf ihren Wagen und eilte davon.
„Na warte. Wenn erst der Winter kommt, wird die Menschheit schon sehen, was sie davon hat! Der Wind, also wirklich….“, tobte der Frost und verschwand ebenfalls.
Der Wind aber wartete, bis die beiden gegangen waren. Dann nickte er dem Bauern zu, dem die Angst ins Gesicht geschrieben stand.
„Mach dir keine Sorgen! Wenn du Hilfe brauchen solltest, dann ruf mich!“ Und mit diesen Worten ging auch er seines Weges.
Der Bauer bestellte seinen Felder, und das erste Grün spross wie erwartet. Es wurde Sommer, und eigentlich hätten die Felder nun etwas Wasser gebraucht. Stattdessen wurde es immer heißer und heißer, als die Sonne ihre Drohung wahr machte: Das Getreide auf den Feldern drohte zu vertrocknen, die Tiere litten Durst, und den Bauern überkam eine große Sorge um seine Ernte.
Da fiel ihm der Wind ein und er betete zu ihm: „Hilf mir, Wind!“
Und der Wind blies sich auf zu einem wahren Sturm, der die Hitze kühlte und Regenwolken an den Himmel brachte. Als die ersten Gewitter über das Land hereinbrachen, wusste der Bauer: Seine Ernte war gerettet!
Es kam der Herbst und es kam der Winter. Und er kam um zu bleiben. Es schien, als wolle die Kälte kein Ende nehmen. Langsam neigten sich die Vorräte dem Ende entgegen, und immer noch türmten sich die Schneeberge rund um den Bauernhof. Als der Bauer den letzten Arm voll Feuerholz ins Haus holte, erinnerte er sich wieder an den Wind und sagte: „Wind, wenn du helfen kannst, dann hilf uns bitte!“
In der Nacht wehte ein kräftiger Wind und blies die schneebringenden Wolken fort, und am nächsten Morgen hatte er sich in ein laues Lüftchen verwandelt, das den Frost um schmelzen brachte. Bald war die Macht des Winters gebrochen.
Da freuten sich der Bauer und seine Familie und feierten ein großes Fest zu Ehren des Windgotts.
Die Sonnengöttin und der Frostgott waren ab dem Tag aber deutlich freundlicher zum Windgott und mussten kleinlaut zugeben, dass er tatsächlich der mächtigste Gott unter ihnen war.