Schließ die Augen und atme einige Male entspannt ein und aus. Bald merkst du, wie dein Körper sich mit dem Atemrhythmus mitbewegt. Du schaukelst leicht vor und beim Ausatmen wieder zurück. Vor und zurück, vor und zurück…
Stell dir vor, du befindest dich auf einem Schiff. Es ist DEIN Schiff, beladen mit allem, was dir wichtig ist. Das Deck hebt sich unter deinen Füßen mit den Wellen und senkt sich wieder. Um dich herum ist das große, weite Meer, graublaue Wellen gehen in einen graublauen Himmel über.
Vor dir erstreckt sich die Küste, und dein Ziel, der Hafen, ist nicht mehr weit entfernt. Du kannst schon den Leuchtturm an der Hafeneinfahrt sehen. Doch zuvor musst du die Untiefen passieren, die zwischen dir und dem Hafen liegen: Sandbänke, unterirdische Felsen und alte Wracks behindern deinen Weg.
Besorgt wirfst du einen Blick hinauf zum Ruderhaus. Neben dem Steuermann steht eine Frau. Lange blonde Haar sind zu einem festen Zopf gebunden, der aus der Kapuze ihrer langen blauen Jacke hervorlugt. Ruhig erwidert sie deinen Blick und hebt die Hand, während sie dem Steuermann Anweisungen gibt. Du siehst, wie links vom Boot dunkle Schatten von Felsspitzen unter Wasser zurückbleiben, hellere Stellen, die auf Untiefen hindeuten, lasst ihr hinter euch.
Plötzlich erfasst euch der Scheinwerfer des Leuchtturms. Der Lichtstrahl reicht weit hinaus auf den Ozean, wie ein Rettungsring an einer Schnur. Die Lotsin lächelt und gibt letzte Hinweise. Dein Boot passiert den Leuchtturm und gleitet in den Hafen.
Am Anleger wirst du schon erwartet. Die Frau verlässt die Brücke, kommt zu dir herüber und reicht dir die Hand. Du bedankst dich und bezahlst sie für ihre Dienste. Erst jetzt entdeckst du den Hund, der sie begleitet. Er läuft vor ihr her, als sie den Steg zum Kai hinübergeht und in ihrem Tempel verschwindet.
Werde dir deines Atems langsam wieder bewusst. Das Schaukeln hat aufgehört, du hast den Hafen wieder einmal sicher erreicht.
Nehalennia, wache auch heute über uns und unterstütze uns, wenn wir uns mit den Kindred treffen!
Zwischen Land und Meer, zwischen Wind und Wellen: Ebne uns den Weg und glätte die Wogen!
Zwischen allen Reichen, oben und unten: Unterstütze uns mit deiner Macht, wenn wir nun die Tore öffnen!
auf Englisch:
Short mediation with Nehalennia as a gatekeeper
Close your eyes and take a few relaxed breaths in and out. Soon you will notice how your body moves with the rhythm of your breath. You rock slightly forward and back again on the exhale. Back and forth, back and forth.…
Imagine you are on a ship. It is YOUR ship, loaded with everything that is important to you. The deck rises under your feet with the waves and sinks again. Around you is the big, wide sea, gray-blue waves merge into a gray-blue sky. The coast stretches out before you, and your destination, the harbor, is not far away. You can already see the lighthouse at the harbor entrance. But first you have to pass the shallows that lie between you and the harbor: sandbanks, underground rocks and old wrecks obstruct your way. Worried, you glance up at the wheelhouse. Next to the helmsman stands a woman. Long blond hair is tied in a tight braid, peeking out from the hood of her long blue jacket. She calmly returns your gaze and raises her hand as she gives instructions to the helmsman. You see dark shadows of rocky peaks left underwater to the left of the boat, leaving lighter patches indicating shoals behind you. Suddenly the headlight of the lighthouse catches you. The beam of light reaches far out into the ocean, like a life preserver on a string. The pilot smiles and gives final instructions. Your boat passes the lighthouse and glides into the harbor. At the pier you are already expected. The woman leaves the bridge, comes over to you and shakes your hand. You thank her and pay her for her services. Only now you discover the dog that accompanies her. He runs ahead of her as she crosses the footbridge to the wharf and disappears into her temple.
Slowly become aware of your breath again. The rocking has stopped, you have once again reached the harbor safely.
Nehalennia, watch over us today as well, and support us as we meet with the Kindred! Between land and sea, between wind and waves: Smoothen our path and smooth the waves! Between all realms, above and below: Support us with your power as we now open the gates!
Imbolc, das erste der Frühjahrsfeste, ist in wenigen Tagen. Im keltischen Pantheon ist das das Fest, an dem Brighid geehrt wird, die Göttin der Heilung, Schmiede und Kunst. Tatsächlich eher eine Kunstmäzenin und Muse als selbst eine Künstlerin (anders als ihr Mitgott Lugh), inspiriert sie die Menschen, das Beste aus sich herauszuholen.
Hier findet ihr 3 Meditationen mit Brighid, um eure eigenen Bedürfnisse in Zusammenarbeit mit ihr besser zu erforschen. Sie basieren auf der Meditation mit Bewegung, die euch in die Begegnung hinein- und wieder hinausführt. Ob ihr die Heilerin oder die Schmiedin als Erstes macht, ist egal. Die Künstlerin sollte aber als letzte drankommen.
Da sie sehr kurzfristig entstanden sind, gibt es bislang keine Audio-/Videodatei dazu. Lest euch die Texte einmal durch und improvisiert einfach drauflos. Ich wünsche euch viel Vegnügen und ein frohes Imbolc!
Der Jahresanfang war so stürmisch wie das Jahresende, aber ich habe es geschafft, mein Ziel, in diesem Monat jeden Tag eine Yogaeinheit zu absolvieren, durchzuhalten. Und wenn man dann so in der Entspannungsphase herumliegt, dann kommen einem neue Ideen…
Hier also für euch meine Art von Basis-Mediatation für die 2 Kräfte (Two Powers):
In letzter Zeit habe ich häufig auf alte Rituale aus den vergangenen Jahren zurückgegriffen, nachdem ich mir ja einen reichlichen Fundus zusammengeschrieben habe. Dieses Jahr habe ich ein altes Ritual als Vorlage benutzt, aber umgearbeitet.
Eigentlich wollte ich nämlich nur die Sonne ehren. In den letzten Tage gab es aber so viele Gewitter, dass ich das mal als Hinweis genommen habe, dass sich da jemand bemerkbar machen will. Auftritt Taranis….
Ich hänge euch das Skript an. Einige Elemente sind nicht ausführlich beschrieben, da ich sie schon so oft gemacht habe, dass ich da einfach keine Vorlage für verwenden muss. Schaut einfach in ein paar alte Skripte oder in das ADF-Ritualbuch, das ich mal zusammengetragen habe.
Ich habe spontan noch eine Kräuterweihe als Kernarbeit hinzugefügt. Dazu habe ich mir vor dem Ritual ein kleines Sträußchen aus 9 Kräutern zusammengestellt, die hier in der Umgebung oder im Garten wachsen. Nach dem Kommunion-Teil/Return Flow kam also noch Folgendes:
Ich grüße euch, Thymian, Salbei und Spitzwegerich, Helfer bei Husten und Halsschmerzen.
Ich grüße dich, Melisse, belebend und inspirierend.
Ich grüße dich, Scharfgarbe, Freundin bei Frauenproblemen.
Ich grüße dich, Kamille, beruhigend und tröstend.
Ich grüße dich, Lavendel, der mir beim Einschlafen hilft, bei innerer Unruhe und Erschöpfung.
Ich grüße euch, Beifuß und Oregano, Helfer bei Verdauungsproblemen, beruhigend und die Durchblutung fördernd.
All das seid ihr, und noch viel mehr.
Mit der Kraft des heiligen Feuers und dem Wasser aus der heiligen Quelle befreie ich euch von allen negativen Einflüssen, von Pestiziden und Autoabgasen. (mit Wasser aus der Quelle besprenkeln, über das Feuer in den Raum halten)
Mit der Gabe der Kindred segne ich euch, damit ihr auch weiterhin euren positiven Einfluss auf mich und die meinen ausüben könnt. (mit etwas ‘Wasser des Lebens’ besprenkeln)
Alternativ könnt ihr natürlich auch andere Kräuter nehmen, die in eurer Umgebung wachsen oder die ihr häufig anwendet. Meine Minze und der Rosmarin wurden offenbar von der Zitronenmelisse unterdrückt, sonst hätten sie bestimmt auch ihren Weg in das Bündel gefunden. Es gibt auch den 9-Kräuter-Segen (Nine herbs charm). Allerdings hat man bis heute nicht alle Kräuter identifizieren können, daher fand ich meine persönliche Auswahl sinnvoller.
Tauchen wir ab in die Tiefen der Unterschiede zwischen den monotheistischen Religionen und dem Heidentum: Wer einmal einer monotheistischen Religion angehörte (und meistens auch, wer es nicht tat), der weiß: Da gibt es ein paar feste Vorschriften und Glaubenssätze, an die alle glauben sollen. Oft sind die in einem Buch festgehalten und direkt von Gott bzw. einem Propheten überliefert worden.
Wenn man in Deutschland eine Religionsgemeinschaft öffentlich anerkennen lassen möchte, ist auch genau dies u.a. eine Voraussetzung. Man muss offenlegen, woran man glaubt, mit einem Glaubensbekenntnis und was halt so dazu gehört.
Und damit ist auch schnell klar, warum das beim Heidentum in den meisten Fällen nicht funktioniert. Ein religiöser Ansatz, der sagt “Du musst das mit dir selbst ausmachen, woran du glaubst, was du da verantworten kannst, und es ist auch okay, wenn sich das im Laufe der Zeit verändert”, der wird nur sehr wenige gemeinsame Nenner finden, die spezifisch genug sind, um daraus ein Konstrukt zu schaffen, das diesen Anforderungen genügt. Ein Heide sein ist mit sehr viel Kopf-Arbeit verbunden.
Na klar gibt es auch hier Grüppchen, die sich ein eigenes Regelwerk mit Buch der Schatten, Grimoire, oder was auch immer geschaffen haben. Trotzdem ist das nicht besonders verbreitet und wird auch eher abgelehnt.
Diesen Ansatz mit vorgegebenen Glaubenssätzen nennt man orthodox. Christentum, Judentum, Islam in all ihren Ausprägungen (also auch, wenn das orthodox nicht direkt im Namen steht) sind orthodox, die meisten Sekten sind so was von orthodox… das Druidentum nicht.
Stattdessen sind wir orthopraktisch. Bei der Orthopraxie geht es weniger um das ‘Woran glaubst du?’ als vielmehr um das ‘Was tust du?’. Die Durchführung von Ritualen in jeder Form, das Kontakthalten mit den Göttern, Ahnen und Naturgeistern, das ist es, was die Orthopraxie ausmacht. Daher war es für die alten Heiden früher gar kein so großes Problem, in die Kirche zur Messe zu gehen und anschließend den anderen Göttern zu opfern – es am aus ihrer Sicht nicht auf das Glauben dabei an, sondern darauf, das Richtige zu tun. Und umgekehrt, war das der Grund, warum die Christen anfangs alle in der Arena gelandet sind: Da für sie das Glauben im Vordergrund stand, war es ihnen nicht möglich, parallel z.B. für einen römischen Kaiser, der sich für einen Gott hielt, Weihrauch zu verbrennen. Das tat man nur für den Gott, an dem man glaubte. Haben die Heiden damals nicht so wirklich verstanden. Verstehen die Christen heute umgekehrt auch nicht, wie man gleichzeitig im Kirchenchor singen kann und Heide sein.
Zweifeln am eigenen Glauben ist völlig normal. Die Welt ist immer im Wandel und mit Veränderungen und neuen Erfahrungen kommen Zweifel an dem auf, was bis dahin für einen selbstverständlich war. Für einen Heiden (nicht nur Druiden) ist das total okay. Ich kann jahrelang mit einer bestimmten Gottheit arbeiten, und plötzlich drängt sich eine andere in den Vordergrund und verlangt meine Aufmerksamkeit. Oder aufgrund meiner Lebensumstände ändert sich meine Perspektive. Oder ich habe es einfach satt, immer allein zu arbeiten und zweifle, ob ich das wirklich auf Dauer will….
Was tun in so einem Fall?
Der Tipp, den Unser eigenes Druidentum in so einem Fall gerne gibt, lautet: Mach mehr Opfergaben! Der Sinn hinter dieser Aufforderung ist, dass man sich einfach weiterhin (und gerne auch mehr) mit den Kindred auseinandersetzen soll. Die Beziehung aufrecht zu erhalten, selbst wenn man gerade andere Wege ausprobiert oder einem nicht so danach ist, weil es eben das Richtige ist. Irgendwann kommt man dan schon an den Punkt, wo einem klar wird: Knüpfe ich an diese alten Bande an oder ist der Punkt gekommen, wo ich ganz klar einen Schlussstrich ziehen muss und kann? So wie eine Freundschaft manchmal einfach auseinandergeht, so kann das auch hier passieren. Oder aber man erhält nach Jahren einen Gruß von jemandem, den man schon lange nicht mehr gesehen hat, und der Kontakt blüht wieder auf und ist besser denn je (Ja, ich spreche aus eigener Erfahrung ;)).
Ich verpflanze mich in die Erde. Meine Wurzeln bohren sich in den Grund. Durch den Boden hindurch, dunkel, reich, nahrhaft, suchen sie nach lebenspendendem Wasser. Ich tauche tief hinab, berühre das kühle Wasser dort unten, die Ursuppe von Materie und Chaos. Ich sauge diese Energie auf, durch meine Wurzeln, in meinen Körper. Sie erfüllt mich, meinen Körper, meinen Verstand, meine Seele, bis ich überfließe.
(Pause)
Ich strecke mich dem Himmel entgegen. Meine Äste werden länger und stärker. Meine Blätter entrollen sich und öffnen sich für das Licht von Sonne, Mond und Sternen. Aus fernen Himmeln scheint das Licht der Schöpfung auf mich herab. Ich ziehe diese Energie in mich hinein, durch meine Blätter und Zweige, in meinen Körper. Sie erfüllt mich, meinen Körper, meinen Verstand, meine Seele, bis ich überfließe.
(Pause)
Diese beiden Kräfte in mir mischen sich und verschmelzen. Sie werden mein, mischen sich mit meiner eigenen Energie. Ich bin erfüllt mit den schöpferischen und zerstörenden Kräften der Natur. Mögen diese Kräfte und die Kräfte des Geistes, der allen Dingen innewohnt, mir heute und in Zukunft von Nutzen sein.
(Pause)
Zum Himmel fließt die Schöpferkraft zurück, zur Erde fließt die Kraft des Chaos zurück. Ich kehre zurück in die normale Zeit und den normalen Raum, in das irdische Reich der Menschen, aber in mir bleibt der Segen der Kindred!
(aus: “Solitary Spring Equinox Ritual” by Amanda Lynne Orcutt, in Oak Leaves #37, Ü: B.R.)
Diese Mediation ist nicht von mir, sondern nur die Übersetzung. Vielen Dank an Amanda Lynne Orcutt für diese tolle Meditation! Und euch viel Vergnügen beim Meditieren!
Die 2 Kräfte-Meditation ist DIE Meditationsübung des ADF schlechthin. Das kühle Wasser aus der Tiefe und Licht und Wärme vom Himmel mischen sich in einem und schaffen ein Gleichgewicht. Es geht übrigens auch umgekehrt: die Wärme aus dem Erdinneren und das kühle, klare Sternenlicht von oben… Flexibilität ist alles. 😉
Von dieser Meditation gibt es auch eine spezielle Version im ‘Weg des Herdhüters’, dem praktischen, auf einen Hauskult ausgelegten Weg in Unserem eigenen Druidentum. Da viele auf diesem Weg allein praktizieren, gilt es hierbei auch, sein eigenes Feuer mit denen der anderen zu verbinden und sich bewusst zu machen, dass man nicht allein ist, sondern Teil einer Gemeinschaft.
Hier also die Herdhüter-Version für alle, die diesen Weg einmal ausprobieren wollen.
Diese Meditation habe ich ursprünglich für die Reihe Meet the gods – Triff die Götter geschrieben. Sie eignet sich aber für alle Altersgruppen. Es geht darum, zum Kern zu kommen, herauszufinden, was einem wichtig ist und was man verändern möchte oder loslassen kann.
Der visuelle Aspekt ist hierbei egal, aber da es für viele einfacher ist, wenn sie sich nicht selbst ‘coachen’ müssen, habe ich die Meditation eingesprochen. Viel Erfolg!
Wer in einer Buchhandlung ins Esoterikregal schaut oder mal in ein heidnischen Forum hineinschnuppert, der findet in erster Linie drei Gruppen in Deutschland:
Da wären die Asatru, die Verehrer der nordischen Götter. Wer ‘Vikings’ mag, oder sich gerne auf Mittelaltermärkten herumtreibt, der wird sich hier hingezogen fühlen. Das soll keine Beleidung sein, nicht falsch verstehen. Aber viele Leute fangen auf diese Art und Weise an. Hier gibt es mehrere kleine und größere Organisationen, vom Eldaring über den Verein für germanisches Heidentum bis hin zu Trüppchen, die auch eher in der rechten Ecke anzusiedeln sind. Das ist der große Ärger, mit dem die deutschen Heiden, und besonders die Asatru zu kämpfen haben: Dass ihr Glaube gerne von der rechten Szene vereinnahmt wird, ihre Rituale und Feiertage missbraucht. Und leider gibt es auch solche. Die gibt es ja irgendwie überall, wie Unkraut.
Nun sind die wenigsten Leute, die Heiden sind, rechts! Im Gegenteil: Wenn die christliche Szene sich so aktiv gegen Rassismus und für Toleranz aussprechen würde, wie das Heidentum, dann wäre die Welt ein deutlich besserer Ort. Ich habe bislang selbst noch keinen rechten Heiden getroffen. Aber dank der Nazis werden Asatru schnell von Ahnungslosen skeptisch beäugt. Auch tragen viele Leute gerne einen Thorshammer oder ein anderes entsprechendes Symbol als Modeschmuck oder Tattoo, ohne tatsächlich Heide zu sein. Ist ja auch okay, macht halt das Differenzieren schwerer.
Die zweite große Gruppe sind die Wicca. Auch hier gibt es verschiedene Ausprägungen. Entscheidend ist, dass der Wiccastil deutlich das Bild vom Heidentum in der Literatur und darüber hinaus geprägt hat. Die Dualität von Gott und Göttin, die 8 Jahreskreisfeste, die vier Himmelsrichtungen und das Kreisziehen stammen von dieser Richtung. Wicca ist formeller und mit alchemistischen Zügen.
Dann gibt es noch die Hexen. Hier tummelt sich alles, Kräuterfrauen, weise Frauen, Menschen mit einer Familientradition über mehrere Generationen und solche, die sich alles frisch angelesen haben, Engelsrufer und Kristallgucker, Tarotkartenleserinnen und Trommler. Entschuldigt, wenn ich euch alle hier in diesem Punkt versammle, aber hier ist die Diversität tatsächlich so unglaublich groß, weil praktisch jeder sein eigenes Ding macht, dass ich da nicht spezifischer werden kann. Ich habe mich selbst lange genug dazugezählt. Die Hexen haben manche Dinge von den Wicca übernommen (Kreis ziehen etc.), aber ihr eigenes Ding daraus gemacht. Und mein persönlicher Eindruck ist, dass es hierbei auch mehr um die Arbeit am eigenen Selbst geht als im Wicca.
Den Schamanismus findet man übergreifend in allen Bereichen und auch als separate Sparte.
Und dann halt die Druiden, in unserem Fall die ADF-Druiden…
Für uns gliedert sich der Kosmos in 3 Bereiche: die Oberwelt oder den/die Himmel, die mittlere Welt und die Unterwelt. Je nachdem, welchem Pantheon man anhängt, können sich diese Welten in mehrere Bereiche gliedern: Im nordischen Weltbild gibt es beispielsweise 9 Welten, bei den Griechen spaltet sich die Unterwelt in Elysium, Tartarus etc. auf und so weiter.
Die Kosmos-Sigille von Rev. Ian Corrigan repräsentiert die Oberwelt (durch das Sonnenrad oben), die mittlere Welt (durch das Gitternetz in der Mitte) und die Unterwelt (durch den spiralförmigen Strudel unten).
Diese Welten sind durch den Weltenbaum miteinander verbunden. Mircea Eliade hat dazu tolle Fachliteratur geschrieben, die das sehr gut erklärt. In der einfachen Version lautet das so: Die Götter haben das Chaos weitgehend gebändigt und dem Kosmos eine Ordnung gegeben. Dadurch ist der nun sehr gleichförmig geworden, sehr ordentlich. Dadurch wird aber auch die Orientierung schwerer. Es sieht ja alles gleich aus! Der Weltenbaum ist nun ein Orientierungspunkt. Wenn man ihn erreicht, weiß man wieder, wo man ist und wo man hinmuss. Eliade setzt übrigens das christliche Kreuz mit dem Weltenbaum in dieser Hinsicht gleich. Jedem sein eigener Orientierungspunkt.
Der Weltenbaum ist darum auch eines unserer Symbole für die Heilige Mitte. Die anderen sind die Quelle und das Feuer. Während der Weltenbaum den Zugang zu den Naturgeistern darstellt, die Seite an Seite mit uns leben (animistisches Weltbild, beseelte Natur), dient die Quelle mit ihrem Wasser als Zugang zur Unterwelt und den Ahnen und das Feuer als Zugang zur Oberwelt und den Göttern. Sehr vereinfacht, denn es gibt ja auch Götter der Unterwelt und umgekehrt Ahnen und Geister, die wir eher im Himmel ansiedeln würden. Da ist Flexibilität gefragt 😉
Aus diesen 3 Symbolen bilden wir den Kosmos nach und wiederholen im Ritual den Schöpfungsakt. Wir schaffen und formen buchstäblich unsere Welt.
Wen verehren wir dabei? Erwähnt habe ich sie schon, unsere Kindred. Dabei handelt es sich um drei Gruppen, nämlich die Ahnen, die Naturgeister und die Götter.
Über letztere habe ich schon an anderer Stelle mehr erzählt.
Die Ahnen setzen sich zusammen aus den leiblichen Ahnen (Ahnen des Blutes), denen des Landes (die, die vor Urzeiten hier gelebt haben), den Ahnen des Herzen (die, die einem persönlich nahestehen ohne verwandt zu sein) und den Ahnen des Geistes (den Helden und Vorbildern, denen man nacheifert). Außerdem gibt es noch die mythologischen Ahnen, das sind Heldenfiguren aus der Mythologie oder Literatur. Prinzessin Leia ist da ein gutes Beispiel.
Die Naturgeister setzen sich ebenfalls aus einer Vielzahl verschiedener Wesenheiten zusammen. Es gibt die Geister des Hauses, die sich um den reibungslosen Ablauf des Haushalts kümmern, Geister der Elemente, Geister der verschiedenen Pflanzen und Tiere, die für ihre jeweilige Art sorgen oder auch nur ein einzelnes Exemplar, Geister des Landes oder Ortes, die eine bestimmte Stelle bewohnen und beseelen, Geisterwesen wie Feen, Kobolde, Dryaden, Nixen, und und und… Sie leben parallel neben uns her. Manche von ihnen sind freundlichen gesinnt, manche eher feindlich. Du kennst das, wenn du dich an einem Ort nicht wohl fühlst und lieber schnell weitergehst? Viele sind eher neutral eingestellt.
Im Ritual ehren wir außerdem Mutter Erde. Das ist nichts ursprünglich druidisches, sondern modernes Heidentum: Wir wissen, woher wir kommen und wohin wir zurückkehren und wir danken der Erde dafür, dass sie uns so lange hält und (er)trägt. Für die alten Druiden mag das selbstverständlich gewesen sein, aber heutzutage wird es immer wichtiger, sich das ins Bewusstsein zu rufen.
Eine andere moderne Neuerung in unseren Ritualen ist der Hüter der Tore. Das ist eine Gottheit oder ein Geist mit liminalen Eigenschaften, also ein Wesen, das zwischen den Dingen unterwegs ist, an Übergängen und Grenzen. Viele von ihnen sind Psychopomps, Götter, die die Seelen ins Leben nach dem Tod geleiten. Der Hüter der Tore dient in unseren Ritualen als Mediator: Er bringt alle Parteien an einen Tisch.
Wann feiern wir? Auch bei uns gibt es die 8 Jahreskreisfeste, die sich im Neuheidentum verbreitet haben. Allerdings sind Abweichungen möglich. Je nach Pantheon können sich die Schwerpunkte verschieben oder weitere Feste dazukommen. Außerdem besteht die Option, die Druidenmonde zu feiern, ein Heilungsritual, das einmal monatlich von allen Interessierten für alle, die Bedarf angemeldet haben, abgehalten wird und Online-Rituale über Zoom, die von Leuten organisiert werden, die nicht haingebunden sind. Die Haine haben ihre eigenen Ritualtermine und es steht jedem frei, unabhängig davon so viele Rituale abzuhalten, wie man möchte, oder auch Devotionalien. Wie man es halt braucht. Der Weg des Herdhüters, einer der möglichen Wege der näheren Auseinandersetzung mit dem Druidentum, setzt darauf, dass man sich bewusst einen eigenen Hauskult mit gemeinsamen Ritualen und Bräuchen aufbaut, der in den Alltag integriert ist. Damit ist Druidentum nicht nur etwas für 8 Tage im Jahr oder sonntags vormittags in der Kirche, sondern soll Teil deines Lebens werden.
Auch bei uns gibt es mehrere Strömungen. Die größte in Deutschland ist der OBOD, der Order of the Bard, Ovates and Druids. Er kommt ursprünglich aus Großbritannien. 2 große Unterschiede zu ADF, Unserem eigenen Druidentum: OBOD betrachtet das Druidentum als eine Philosophie, nicht als eine Religion. Dementsprechend gibt es dort auch keine Priester. Und sie beschränken sich auf die klassischen keltischen Götter. Es gibt aber auch naturgemäß viele Schnittstellen, und so einige ADF-Mitglieder sind gleichzeitig Mitglied im OBOD.
Wie feiern wir? Darüber gibt es schon einiges hier zu lesen. Wichtig wäre an dieser Stelle vielleicht zu erwähnen, dass wir keinen Kreis ziehen und in unseren Ritualen ein Kommen und Gehen problemlos möglich ist. Wir reinigen zu Beginn den Ort und uns und überlassen das weitere Manangement dem Hüter der Tore. Wir schließen bewusst keine Götter und Geister aus. Es gibt jedoch die Option, am Anfang des Rituals eine Opfergabe an die zu machen, die das Ritual eher stören würden oder einfach nicht zum Anlass passen, verbunden mit der klaren Ansage: Wenn ihr nicht mitarbeiten wollt, dann lasst uns jetzt mal eben in Ruhe arbeiten.
Ich hoffe, ich konnte dir ein besseres Bild davon vermitteln, was Unser eigenes Druidentum (ADF) ausmacht.