Himmel, Land und Meer – eine druidische Perspektive oder: Woran glauben Druiden?

Wer in einer Buchhandlung ins Esoterikregal schaut oder mal in ein heidnischen Forum hineinschnuppert, der findet in erster Linie drei Gruppen in Deutschland:

Da wären die Asatru, die Verehrer der nordischen Götter. Wer ‘Vikings’ mag, oder sich gerne auf Mittelaltermärkten herumtreibt, der wird sich hier hingezogen fühlen. Das soll keine Beleidung sein, nicht falsch verstehen. Aber viele Leute fangen auf diese Art und Weise an. Hier gibt es mehrere kleine und größere Organisationen, vom Eldaring über den Verein für germanisches Heidentum bis hin zu Trüppchen, die auch eher in der rechten Ecke anzusiedeln sind. Das ist der große Ärger, mit dem die deutschen Heiden, und besonders die Asatru zu kämpfen haben: Dass ihr Glaube gerne von der rechten Szene vereinnahmt wird, ihre Rituale und Feiertage missbraucht. Und leider gibt es auch solche. Die gibt es ja irgendwie überall, wie Unkraut.

Nun sind die wenigsten Leute, die Heiden sind, rechts! Im Gegenteil: Wenn die christliche Szene sich so aktiv gegen Rassismus und für Toleranz aussprechen würde, wie das Heidentum, dann wäre die Welt ein deutlich besserer Ort. Ich habe bislang selbst noch keinen rechten Heiden getroffen. Aber dank der Nazis werden Asatru schnell von Ahnungslosen skeptisch beäugt. Auch tragen viele Leute gerne einen Thorshammer oder ein anderes entsprechendes Symbol als Modeschmuck oder Tattoo, ohne tatsächlich Heide zu sein. Ist ja auch okay, macht halt das Differenzieren schwerer.

Die zweite große Gruppe sind die Wicca. Auch hier gibt es verschiedene Ausprägungen. Entscheidend ist, dass der Wiccastil deutlich das Bild vom Heidentum in der Literatur und darüber hinaus geprägt hat. Die Dualität von Gott und Göttin, die 8 Jahreskreisfeste, die vier Himmelsrichtungen und das Kreisziehen stammen von dieser Richtung. Wicca ist formeller und mit alchemistischen Zügen.

Dann gibt es noch die Hexen. Hier tummelt sich alles, Kräuterfrauen, weise Frauen, Menschen mit einer Familientradition über mehrere Generationen und solche, die sich alles frisch angelesen haben, Engelsrufer und Kristallgucker, Tarotkartenleserinnen und Trommler. Entschuldigt, wenn ich euch alle hier in diesem Punkt versammle, aber hier ist die Diversität tatsächlich so unglaublich groß, weil praktisch jeder sein eigenes Ding macht, dass ich da nicht spezifischer werden kann. Ich habe mich selbst lange genug dazugezählt. Die Hexen haben manche Dinge von den Wicca übernommen (Kreis ziehen etc.), aber ihr eigenes Ding daraus gemacht. Und mein persönlicher Eindruck ist, dass es hierbei auch mehr um die Arbeit am eigenen Selbst geht als im Wicca.

Den Schamanismus findet man übergreifend in allen Bereichen und auch als separate Sparte.

Und dann halt die Druiden, in unserem Fall die ADF-Druiden…

Für uns gliedert sich der Kosmos in 3 Bereiche: die Oberwelt oder den/die Himmel, die mittlere Welt und die Unterwelt. Je nachdem, welchem Pantheon man anhängt, können sich diese Welten in mehrere Bereiche gliedern: Im nordischen Weltbild gibt es beispielsweise 9 Welten, bei den Griechen spaltet sich die Unterwelt in Elysium, Tartarus etc. auf und so weiter.

Die Kosmos-Sigille von Rev. Ian Corrigan repräsentiert die Oberwelt (durch das Sonnenrad oben), die mittlere Welt (durch das Gitternetz in der Mitte) und die Unterwelt (durch den spiralförmigen Strudel unten).

Diese Welten sind durch den Weltenbaum miteinander verbunden. Mircea Eliade hat dazu tolle Fachliteratur geschrieben, die das sehr gut erklärt. In der einfachen Version lautet das so: Die Götter haben das Chaos weitgehend gebändigt und dem Kosmos eine Ordnung gegeben. Dadurch ist der nun sehr gleichförmig geworden, sehr ordentlich. Dadurch wird aber auch die Orientierung schwerer. Es sieht ja alles gleich aus! Der Weltenbaum ist nun ein Orientierungspunkt. Wenn man ihn erreicht, weiß man wieder, wo man ist und wo man hinmuss. Eliade setzt übrigens das christliche Kreuz mit dem Weltenbaum in dieser Hinsicht gleich. Jedem sein eigener Orientierungspunkt.

Der Weltenbaum ist darum auch eines unserer Symbole für die Heilige Mitte. Die anderen sind die Quelle und das Feuer. Während der Weltenbaum den Zugang zu den Naturgeistern darstellt, die Seite an Seite mit uns leben (animistisches Weltbild, beseelte Natur), dient die Quelle mit ihrem Wasser als Zugang zur Unterwelt und den Ahnen und das Feuer als Zugang zur Oberwelt und den Göttern. Sehr vereinfacht, denn es gibt ja auch Götter der Unterwelt und umgekehrt Ahnen und Geister, die wir eher im Himmel ansiedeln würden. Da ist Flexibilität gefragt 😉

Aus diesen 3 Symbolen bilden wir den Kosmos nach und wiederholen im Ritual den Schöpfungsakt. Wir schaffen und formen buchstäblich unsere Welt.

Wen verehren wir dabei? Erwähnt habe ich sie schon, unsere Kindred. Dabei handelt es sich um drei Gruppen, nämlich die Ahnen, die Naturgeister und die Götter.

Über letztere habe ich schon an anderer Stelle mehr erzählt.

Die Ahnen setzen sich zusammen aus den leiblichen Ahnen (Ahnen des Blutes), denen des Landes (die, die vor Urzeiten hier gelebt haben), den Ahnen des Herzen (die, die einem persönlich nahestehen ohne verwandt zu sein) und den Ahnen des Geistes (den Helden und Vorbildern, denen man nacheifert). Außerdem gibt es noch die mythologischen Ahnen, das sind Heldenfiguren aus der Mythologie oder Literatur. Prinzessin Leia ist da ein gutes Beispiel.

Die Naturgeister setzen sich ebenfalls aus einer Vielzahl verschiedener Wesenheiten zusammen. Es gibt die Geister des Hauses, die sich um den reibungslosen Ablauf des Haushalts kümmern, Geister der Elemente, Geister der verschiedenen Pflanzen und Tiere, die für ihre jeweilige Art sorgen oder auch nur ein einzelnes Exemplar, Geister des Landes oder Ortes, die eine bestimmte Stelle bewohnen und beseelen, Geisterwesen wie Feen, Kobolde, Dryaden, Nixen, und und und… Sie leben parallel neben uns her. Manche von ihnen sind freundlichen gesinnt, manche eher feindlich. Du kennst das, wenn du dich an einem Ort nicht wohl fühlst und lieber schnell weitergehst? Viele sind eher neutral eingestellt.

Im Ritual ehren wir außerdem Mutter Erde. Das ist nichts ursprünglich druidisches, sondern modernes Heidentum: Wir wissen, woher wir kommen und wohin wir zurückkehren und wir danken der Erde dafür, dass sie uns so lange hält und (er)trägt. Für die alten Druiden mag das selbstverständlich gewesen sein, aber heutzutage wird es immer wichtiger, sich das ins Bewusstsein zu rufen.

Eine andere moderne Neuerung in unseren Ritualen ist der Hüter der Tore. Das ist eine Gottheit oder ein Geist mit liminalen Eigenschaften, also ein Wesen, das zwischen den Dingen unterwegs ist, an Übergängen und Grenzen. Viele von ihnen sind Psychopomps, Götter, die die Seelen ins Leben nach dem Tod geleiten. Der Hüter der Tore dient in unseren Ritualen als Mediator: Er bringt alle Parteien an einen Tisch.

Wann feiern wir? Auch bei uns gibt es die 8 Jahreskreisfeste, die sich im Neuheidentum verbreitet haben. Allerdings sind Abweichungen möglich. Je nach Pantheon können sich die Schwerpunkte verschieben oder weitere Feste dazukommen. Außerdem besteht die Option, die Druidenmonde zu feiern, ein Heilungsritual, das einmal monatlich von allen Interessierten für alle, die Bedarf angemeldet haben, abgehalten wird und Online-Rituale über Zoom, die von Leuten organisiert werden, die nicht haingebunden sind. Die Haine haben ihre eigenen Ritualtermine und es steht jedem frei, unabhängig davon so viele Rituale abzuhalten, wie man möchte, oder auch Devotionalien. Wie man es halt braucht. Der Weg des Herdhüters, einer der möglichen Wege der näheren Auseinandersetzung mit dem Druidentum, setzt darauf, dass man sich bewusst einen eigenen Hauskult mit gemeinsamen Ritualen und Bräuchen aufbaut, der in den Alltag integriert ist. Damit ist Druidentum nicht nur etwas für 8 Tage im Jahr oder sonntags vormittags in der Kirche, sondern soll Teil deines Lebens werden.

Auch bei uns gibt es mehrere Strömungen. Die größte in Deutschland ist der OBOD, der Order of the Bard, Ovates and Druids. Er kommt ursprünglich aus Großbritannien. 2 große Unterschiede zu ADF, Unserem eigenen Druidentum: OBOD betrachtet das Druidentum als eine Philosophie, nicht als eine Religion. Dementsprechend gibt es dort auch keine Priester. Und sie beschränken sich auf die klassischen keltischen Götter. Es gibt aber auch naturgemäß viele Schnittstellen, und so einige ADF-Mitglieder sind gleichzeitig Mitglied im OBOD.

Wie feiern wir? Darüber gibt es schon einiges hier zu lesen. Wichtig wäre an dieser Stelle vielleicht zu erwähnen, dass wir keinen Kreis ziehen und in unseren Ritualen ein Kommen und Gehen problemlos möglich ist. Wir reinigen zu Beginn den Ort und uns und überlassen das weitere Manangement dem Hüter der Tore. Wir schließen bewusst keine Götter und Geister aus. Es gibt jedoch die Option, am Anfang des Rituals eine Opfergabe an die zu machen, die das Ritual eher stören würden oder einfach nicht zum Anlass passen, verbunden mit der klaren Ansage: Wenn ihr nicht mitarbeiten wollt, dann lasst uns jetzt mal eben in Ruhe arbeiten.

Ich hoffe, ich konnte dir ein besseres Bild davon vermitteln, was Unser eigenes Druidentum (ADF) ausmacht.

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