Nach einer kritischen Situation

Obwohl die Situation kritisch war,

obwohl meine Chancen schlecht standen:

Es gibt mich noch.

Der Weg war gefährlich,

mein Einfluss auf die Lage nicht mehr vorhanden,

aber es gibt mich noch.

Das Netz hat mich aufgefangen,

dein Mantel das Schlimmste abgehalten,

dein Schild den Schlag gemildert:

Danke!

After a critical situation

Although the situation was critical,

even though my chances were slim:

I still exist.

The way was dangerous,

my influence on the situation no longer existed,

but I still exist.

The net has caught me,

your coat held off the worst,

your shield softened the blow:

Thank you!

#PrayerADay #ADFDruidry

Spätsommer

Süße letzte Sommerstrahlen,

nicht erfüllt von Sommerglut,

aber warm und leuchtend,

Myriaden von Mücken tanzen darin auf und ab.

Ein leichter Wind,

nur ein Hauch,

Vorbote der Herbstwinde,

bringt eine Ahnung von der Kühle der kommenden Monate.

Spät blühen noch Kosmeen, einzelne Sonnenblumen und Chrysanthemen,

Mädchenauge, Fetthenne und einige Ringelblumen halten sich hartnäckig,

ein Leuchtfeuer in gelb, orange und lila.

Grüne Blätter mit braunen Spitzen.

Rosen verwandeln sich in Hagebutten.

Spinnfäden wie graue Haare treiben in der Brise.

T-Shirt-Wetter, doch am Abend braucht man eine Jacke.

Und der Sommer sagt leise Auf Wiedersehen.

Late summer

Sweet last rays of summer,

not filled with summer glow,

but warm and bright,

Myriads of mosquitoes dance up and down in them.

A light breeze,

just a breeze,

harbinger of the autumn winds,

brings an inkling of the coolness of the coming months.

Late blooming are still cosmeas, single sunflowers and chrysanthemums,

Maidenhair, stonecrop and a few marigolds persevere,

a beacon of yellow, orange and purple.

Green leaves with brown tips.

Roses turn to rose hips.

Spider threads like gray hairs drift in the breeze.

T-shirt weather, but in the evening you need a jacket.

And summer quietly says goodbye.

#PrayerADay #ADFDruidry

ULLR

Unter einer Eibe treffe ich dich,

Ullr,

Sifs Sohn,

wenn der Mond schwarz ist.

Kälte ist dein Element,

der Schnee trägt dich

und blendet alles Nebensächliche aus.

Auf deinen Ring wurden einst Eide geschworen,

Hüter des Thingfriedens,

dein Bogen führt den Pfeil stets ins Ziel.

Führe mich sicher durch die dunkle Jahreszeit,

Winterfreund,

und lehre mich,

was sie zu bieten hat.

Under a yew tree I meet you,

Ullr,

Sif’s son,

when the moon is black.

Cold is your element,

the snow carries you

and blots out all that is unimportant.

Oaths were once sworn on your ring,

guardian of the peace of the Thing,

your bow always guides the arrow to the target.

Guide me safely through the dark season,

winter friend,

and teach me,

what it has to offer.

#PrayerADay #ADFDruidry

Bitte um Fokus

Ich liege im Shavasana – und mein Kinder beginnen sich vor der Tür lautstark zu streiten.

Ich bin vertieft in einen Bericht, den ich schreiben muss – und ständig klingelt das Telefon.

Weg ist meine Konzentration, meine Entspannung, mein Fokus.

So Tage gibt es, und oft, wenn man es nicht gebrauchen kann.

Heute bitte ich um Unterstützung,

dass ich nach einer Unterbrechung leichter wieder den Weg zurück finde.

Baut mir einen Leuchtturm,

damit ich mein Ziel nicht aus den Augen verliere.

Request for focus

I am lying in Shavasana – and my children start to argue loudly in front of the door.
I am engrossed in a report I have to write – and the phone keeps ringing.
Gone is my concentration, my relaxation, my focus.
There are days like that, and often when you can’t use it.
Today I ask for support,
to help me find my way back after an interruption.
Build me a lighthouse,
so that I don’t lose sight of my goal.

PrayerADay #ADFDruidry

Der Samen

Einen Samen lege ich in die Erde,

und träume davon, was daraus werden mag.

Einen Samen lege ich in die Erde,

und gieße ihn behutsam, damit er nicht davongespült wird.

Einen Samen lege ich in die Erde,

und befreie das Umfeld von anderen Pflanzen, die ihn am Wachsen hindern könnten.

Einen Samen lege ich in die Erde,

begleitet von Hoffnung.

Einen Samen lege ich in die Erde,

und sehe ihm voller Stolz und Erwartung beim Wachsen zu.

Einen Samen lege ich in die Erde,

und betrachte seine Entwicklung voller Sorge.

Einen Samen,

der meine Träume trägt.

The seed

I place a seed in the ground,
and dream of what it may become.

A seed I place in the ground,
and water it gently so that it will not be washed away.

A seed I place in the earth,
and clear the environment of other plants that might prevent it from growing.

A seed I place in the earth,
accompanied by hope.

A seed I place in the earth
and watch it grow with pride and expectation.

A seed I place in the earth,
and watch its development with concern.

A seed,
that carries my dreams.

PrayerADay #ADFDruidry

Gebet für einen Trauernden

Heute bete ich für die, die ein geliebtes Wesen verloren haben.

Eure Trauer kann ich euch nicht nehmen,

euren Verlust nicht aufheben.

In eurem Leben ist eine Lücke entstanden,

vielleicht schon lange absehbar, vielleicht ganz plötzlich,

aber immer bleibt diese Lücke.

Ein Loch im Alltag,

wenn man sagt: Das macht er oder das macht sie,

und dann erkennen muss: Nie wieder.

Ein Loch im Herzen,

wenn man sich vorstellt, wie jemand reagieren würde,

und dann erkennen muss: Nie wieder.

Kindred,

gewährt ihnen die Kraft, weiterzumachen,

über den Verlust hinaus Dinge zu sehen,

die das eigene Leben weiter lebenswert machen,

eine liebevolle Erinnerung die Lücke schließen zu lassen,

langsam zu heilen.

Prayer for a mourning person

Today I pray for those, who have lost a loved one.

I cannot take away your grief, I cannot lift your loss.

A gap has appeared in your life,

perhaps long foreseeable, perhaps quite suddenly,

but always this gap remains.

A hole in everyday life,

when you say: This is what he or she does,

and then have to realize: Never again.

A hole in the heart,

when you imagine how someone would react,

and then you realize: Never again.

Kindred,

grant them the strength to go on,

to see beyond the loss,

what makes their lives worth living still,

to let a loving memory close the gap,

to slowly heal.

#PrayerADay #ADFDruidry

Depression

Heute bete ich für die,

die unter Depressionen leiden.

Bei denen die Botenstoffe im Hirn aus dem Gleichgewicht geraten sind,

bei denen andere Krankheiten wie Parkinson oder Schilddrüsenunterfunktion

Depressionen mitverursachen,

bei denen Stresshormone in solchen Mengen ausgeschüttet werden,

dass sie Verhaltensänderungen auslösen:

Appetitlosigkeit, Schlafprobleme, Angstreaktionen, negative Gedanken, Rückzug!

Egal, ob vererbt oder veranlagt,

ob man die nötige Resilienz nie gelernt hat

oder die Lebensumstände einen beeinflussen:

Die innere Leere, der Selbstzweifel, der Energieverlust ziehen alle gleichermaßen

in eine Abwärtsspirale.

Ich wünsche euch, dass ihr von Leuten umgeben seid,

die euch verstehen und auffangen,

wenn es wieder abwärts geht,

nicht nur, wenn ihr in Hochstimmung seid.

Ich wünsche euch, das man euch Verständnis entgegenbringt,

dass ihr auf Menschen trefft,

die erkennen, wenn ihr Hilfe braucht,

und nicht erst, wenn es zu spät ist.

Ich wünsche euch, dass ihr den für euch richtigen Weg findet,

damit umzugehen

und irgendwie die Spirale zu durchbrechen.

Depression

Today I pray for those,

who suffer from depression.

In whom the neurotransmitters in the brain are out of balance,

who suffer from other diseases such as Parkinson’s or hypothyroidism.

are contributing to depression,

in whom stress hormones are released in such quantities

that they trigger behavioral changes:

Loss of appetite, sleep problems, anxiety reactions, negative thoughts, withdrawal!

Whether inherited or predisposed,

whether one has never learned the necessary resilience…

or the circumstances of life influence you:

The inner emptiness, the self-doubt, the loss of energy pull everyone equally

into a downward spiral.

I wish you to be surrounded by people,

who understand you and catch you,

when things start to go downhill again,

not just when you’re on a high.

I wish you that people understand you,

that you’ll meet people

An Nehalennia

Das Auto kam mir entgegen,

ganz plötzlich hinter dem Planwagen hervor,

ein Überholmanöver, wo keins erlaubt war.

Und ich auf der Gegenfahrbahn,

kein Platz zum Ausweichen,

nur Sekundenbruchteile bis zum Knall.

Dann schoss er an mir vorbei,

um Haaresbreite,

hupend, ein schwarzer Blitz.

Ob der Fahrer genauso erschrocken war wie ich?

Ich fuhr weiter, mechanisch, bis zu einem sicheren Parkplatz.

Du fuhrst für mich, denn ich war wie erstarrt.

Tränen, Zittern, der große Schock im Nachhinein.

Selten habe ich deine Nähe so gespürt.

To Nehalennia

The car came towards me
suddenly from behind the covered wagon,
an overtaking maneuver where none was allowed.

And I was in the opposite lane,
no room to swerve,
only fractions of a second until the bang.

Then he shot past me,
by a hair’s breadth,
honking, a black flash.
I wonder if the driver was as startled as I was.

I drove on, mechanically, to a safe parking spot.
You drove for me, because I was frozen.
Tears, trembling, the great shock afterwards.
Rarely have I felt your closeness like that.

#PrayerADay #ADFDruidry


Gebet für Inspiration

Heute bitte ich um Inspiration,

einen Funken, der mein Ideenfeuerwerk entzündet.

An manchen Tagen hat man das Gefühl,

schon alles gesagt zu haben.

Und dann wieder weiß man nicht,

wie man es in Worte fassen soll.

Schenkt mir diesen Funken,

Kindred,

bringt meine Kreativität zum Glühen!

Inspiration

Today I ask for inspiration,

a spark to ignite my fireworks of ideas.

Some days you have the feeling

you’ve already said everything.

And then again you don’t know

how to put it into words.

Give me that spark,

Kindred,

Make my creativity glow!

#PrayerADay 2021 #ADFDruidry

Orthopraxie – oder warum ‚Woran glauben Druiden‘ eigentlich die falsche Überschrift gewesen ist

Tauchen wir ab in die Tiefen der Unterschiede zwischen den monotheistischen Religionen und dem Heidentum: Wer einmal einer monotheistischen Religion angehörte (und meistens auch, wer es nicht tat), der weiß: Da gibt es ein paar feste Vorschriften und Glaubenssätze, an die alle glauben sollen. Oft sind die in einem Buch festgehalten und direkt von Gott bzw. einem Propheten überliefert worden.

Wenn man in Deutschland eine Religionsgemeinschaft öffentlich anerkennen lassen möchte, ist auch genau dies u.a. eine Voraussetzung. Man muss offenlegen, woran man glaubt, mit einem Glaubensbekenntnis und was halt so dazu gehört.

Und damit ist auch schnell klar, warum das beim Heidentum in den meisten Fällen nicht funktioniert. Ein religiöser Ansatz, der sagt „Du musst das mit dir selbst ausmachen, woran du glaubst, was du da verantworten kannst, und es ist auch okay, wenn sich das im Laufe der Zeit verändert“, der wird nur sehr wenige gemeinsame Nenner finden, die spezifisch genug sind, um daraus ein Konstrukt zu schaffen, das diesen Anforderungen genügt. Ein Heide sein ist mit sehr viel Kopf-Arbeit verbunden.

Na klar gibt es auch hier Grüppchen, die sich ein eigenes Regelwerk mit Buch der Schatten, Grimoire, oder was auch immer geschaffen haben. Trotzdem ist das nicht besonders verbreitet und wird auch eher abgelehnt.

Diesen Ansatz mit vorgegebenen Glaubenssätzen nennt man orthodox. Christentum, Judentum, Islam in all ihren Ausprägungen (also auch, wenn das orthodox nicht direkt im Namen steht) sind orthodox, die meisten Sekten sind so was von orthodox… das Druidentum nicht.

Stattdessen sind wir orthopraktisch. Bei der Orthopraxie geht es weniger um das ‚Woran glaubst du?‘ als vielmehr um das ‚Was tust du?‘. Die Durchführung von Ritualen in jeder Form, das Kontakthalten mit den Göttern, Ahnen und Naturgeistern, das ist es, was die Orthopraxie ausmacht. Daher war es für die alten Heiden früher gar kein so großes Problem, in die Kirche zur Messe zu gehen und anschließend den anderen Göttern zu opfern – es am aus ihrer Sicht nicht auf das Glauben dabei an, sondern darauf, das Richtige zu tun. Und umgekehrt, war das der Grund, warum die Christen anfangs alle in der Arena gelandet sind: Da für sie das Glauben im Vordergrund stand, war es ihnen nicht möglich, parallel z.B. für einen römischen Kaiser, der sich für einen Gott hielt, Weihrauch zu verbrennen. Das tat man nur für den Gott, an dem man glaubte. Haben die Heiden damals nicht so wirklich verstanden. Verstehen die Christen heute umgekehrt auch nicht, wie man gleichzeitig im Kirchenchor singen kann und Heide sein.

Zweifeln am eigenen Glauben ist völlig normal. Die Welt ist immer im Wandel und mit Veränderungen und neuen Erfahrungen kommen Zweifel an dem auf, was bis dahin für einen selbstverständlich war. Für einen Heiden (nicht nur Druiden) ist das total okay. Ich kann jahrelang mit einer bestimmten Gottheit arbeiten, und plötzlich drängt sich eine andere in den Vordergrund und verlangt meine Aufmerksamkeit. Oder aufgrund meiner Lebensumstände ändert sich meine Perspektive. Oder ich habe es einfach satt, immer allein zu arbeiten und zweifle, ob ich das wirklich auf Dauer will….

Was tun in so einem Fall?

Der Tipp, den Unser eigenes Druidentum in so einem Fall gerne gibt, lautet: Mach mehr Opfergaben! Der Sinn hinter dieser Aufforderung ist, dass man sich einfach weiterhin (und gerne auch mehr) mit den Kindred auseinandersetzen soll. Die Beziehung aufrecht zu erhalten, selbst wenn man gerade andere Wege ausprobiert oder einem nicht so danach ist, weil es eben das Richtige ist. Irgendwann kommt man dan schon an den Punkt, wo einem klar wird: Knüpfe ich an diese alten Bande an oder ist der Punkt gekommen, wo ich ganz klar einen Schlussstrich ziehen muss und kann? So wie eine Freundschaft manchmal einfach auseinandergeht, so kann das auch hier passieren. Oder aber man erhält nach Jahren einen Gruß von jemandem, den man schon lange nicht mehr gesehen hat, und der Kontakt blüht wieder auf und ist besser denn je (Ja, ich spreche aus eigener Erfahrung ;)).