Iris und der Regenbogen

Eines Tages gab es einen heftigen Streit zwischen zwei griechischen Stadtstaaten um einen Grenzstein. Jeder Staat behauptete der andere haben den Stein zu seinen Gunsten verschoben. Ein Wort gab das andere, und so drohte bald ein Krieg.

Hera, die Göttin der Ehe und Familie, hatte einige Lieblinge in beiden Städten, die ihr sehr am Herzen lagen. Sie sah die Entwicklung mit großer Sorge, denn sie wusste, wie viele Familien in beiden Orten lebten. So viele Ehen würden zerstört, so viele Familien auseinander gerissen! Das konnte sie so nicht zulassen.

Also schickte Hera ihre Botin Iris mit einer Nachricht zu den Stadtvätern. „Die Göttin Hera lässt euch sagen, dass ihr die Situation überdenken sollt! Einen Krieg heißt sie nicht gut, und sie würde es euch sehr übel nehmen, wenn ihr ihren Wunsch missachten solltet!“

Das löste einiges Stirnrunzeln auf beiden Seiten aus. Hera war immerhin die Frau von Zeus und eine mächtige Göttin. Sie zu verärgern konnte nicht gut sein! Niemand wollte Stress mit den Göttern!

„Aber was sollen wir tun?“, fragten sich die Räte in beiden Orten. „Die anderen haben angefangen. Wir können nicht zulassen, dass sie ihren Willen bekommen. Wer sollte uns dann noch respektieren?“

Iris seufzte leise in sich hinein. Immer das Gleiche….

„Hera verlangt nicht, dass ihr einfach so aufgebt. Aber sie bittet euch darum, die Gaben zu nutzen, die ihr von den Göttern erhalten habt.“

„Welche Gaben?“, fragte ein dicker Rat, der sich zu fragen begann, wie groß seine Lebensmittelvorräte wohl sein mochten, und ob sie für einen Krieg ausreichen würden.

Es war ein warmer, sonniger Tag, und die Sitzung fand im Innenhof des Hauses eines der Räte statt. Dort stand auch ein wunderschöner Springbrunnen, der sein Wasser in kleinen Stößen in die Luft spie. Iris trat zum Brunnen und hielt ihre Hand mit der Innenfläche nach oben ins Wasser.

Ein roter Strahl erschien und krümmte sich von ihrer Handfläche fort zu den Ratsmitgliedern, die erschrocken zurückwichen.

„Die Götter gaben euch Liebe und Fruchtbarkeit. Ihr seid ein großes Volk mit reichen Feldern und einem gut besuchten Hafen. Eure Paare erfreuen sich der gegenseitigen Zuneigung und ihr habt zahlreiche Kinder, die die kommende Generation sichern.“

Ein zweiter Strahl erschien unter dem ersten, diesmal in orange.

„Die Götter gaben euch Freude. Fast täglich findet irgendwo in der Stadt ein Fest statt. Ihr keltert einen hervorragenden Wein und genießt das Leben in vollen Zügen.“

Dabei zwinkerte sie dem dicken Ratsherrn zu, der prompt errötete.

Ein dritter Strahl erschien, leuchtend gelb wie die Sonne:

„Die Götter schenkten euch Erfolg, Willenskraft und Ausdauer. Eure Geschäfte gehen gut und Armut hat in eurem Ort keinen Platz. Eure Häuser sind groß, eure Frauen mit teurem Schmuck bekleidet.“

Der Ratsherr, dem das Haus gehörte, nickte leicht.

Ein vierter Strahl gesellte sich zu den anderen, nun ein grüner Strahl:

„Die Götter schenkten euch Gesundheit und Heilung. Wie viele Jahre ist er her, dass eure Stadt von einer Seuche heimgesucht wurde. Eure Kinder werden groß und stark, und eure alten Leute altern in Würde, statt dahinzusiechen. Die Heilquelle am Apollotempel findet regen Zuspruch.“

Ein fünfter Strahl in tiefem Blau kam hinzu, und Iris sprach schnell weiter:

„Verstand schenkten euch die Götter, und Kreativität. Es sind keine Dummköpfe, die hier sitzen, und eure Stadt ist erfüllt von den schönsten Künsten, die man sich denken kann. Statuen, Brunnen, Gemälde findet man an jeder Ecke, dazu diskutierende Philosophen, Sänger, Tänzer und Schauspieler, die die Sinne erfreuen.“

Ein Murmeln setzte ein, verebbte jedoch, als Iris weitersprach und einen violetten Strahl dem blauen hinzufügte:

„Die Götter gaben euch Visionen. Ihr, die ihr hier sitzt: Wo seht ihr eure Stadt in einigen Jahren? Wie stellt ihr euch eure Zukunft vor? Was wird man später über euch sagen?“

Ein Regenbogen spannte sich von Iris’ Hand aus den versammelten Räten entgegen, voller Verheißungen. Die Räte starrten darauf, und keiner traute sich, laut etwas zu sagen. Schließlich fasste sich der älteste und erwiderte der Göttin:

„Herrin Iris, wir haben eure Worte gehört und sie waren weise. Wir werden uns noch einmal beraten und sicher eine Lösung finden, die alle Seiten zufrieden stellt.“

Iris lächelte fein. Ein goldener Strahl schoss aus ihrer Handfläche und webte feine, fast unsichtbare Spiralen um die anderen Bögen. Der Regenbogen wurde größer und größer: Er dehnte sich aus, bis er sich schließlich über der Stadt spannte und sein eines Ende wies in die Richtung des anderen Staates.

„Das wird Hera sehr freuen, und mich auch. Ich lasse euch diesen Bogen zur Erinnerung an den Segen, den ihr erhalten habt und der euch weiterhin zuteil wird. Und zur Erinnerung daran, was ihr mit diesen Gaben Sinnvolles anfangen könnt.“

So geschah es in beiden Städten: Beide Räte kamen erneut zusammen, Unterhändler trafen sich, Verhandlungen wurden geführt und schließlich erhielten die einen einen Wald, der ihnen sehr zusagte, die anderen gute Bedingungen für die Hafenzölle und auf dem Gebiet, um das man sich gestritten hatte, bauten beide Staaten gemeinsam einen Heratempel.

Der Regenbogen verblasste nach einer Weile, aber bei jedem größeren Regen hielten die Bewohner beider Städte danach Ausschau und dachten, wie viel Glück sie doch gehabt hatten.

 

Ich mag Regenbögen. Ich weiß, dass es sich um ein meteorologisches Phänomen handelt, aber sie lassen sich so schön symbolisch benutzen, und den Menschen vergangener Tage sind sie sicher wie ein kleines Wunder erschienen.

Gottheit der Woche 12: Heimdall

Heimdall, weißer Ase,

Kind von neun Müttern,

Stammvater der Menschen und

Odins Sohn!

 

Heimdall, Scharfäugiger,

du, der das Grad wachsen hört,

Wächter an der Brücke und

Lokis ewiger Feind!
Heimdall, Schlafloser,

du, der den Menschen die Ordnung brachte,

Mittler zwischen hier und dort und

Gulltopps Reiter!

 

Heimdall, Freundlicher,

Lichtgestalt im Ursprung der Zeit,

Freyas Ehrenretter und

Bläser von Gjallarhorn!

 

Sei an meinem Feuer willkommen,

Hüter der Regenbogenbrücke,

du, der die Menschen von damals so vieles lehrte.

Ich bitte dich: Teile heute dein Wissen mit mir!

Lehre mich zu erkennen,

was gut ist und richtig,

und verleih mir die Stärke und den Mut,

gegen das anzukämpfen,

was die Ordnung der Welt bedroht!

Nimm meine Gaben an, meinen Respekt für deine nie enden wollende Arbeit und meine Zuneigung!

 

In English:

Heimdall, white Aesir,

child of nine mothers,

clan father of humankind and

Odin’s son!

 

Heimdall, Sharp-eyed One,

you who hears the grass grow

guardian of the bridge and

Lokis eternal enemy!

 

Heimdall, Sleepless One,

you who brought the people order,

intermediary between here and there and

Gulltopps rider!
Heimdall, Friendly One,

Shining One at the beginning of time,

you who wanted to retrieve Freya’s honour and

the one who will blow Gjallarhorn!
Welcome to my fire,

Keeper of the rainbowbridge,

you, who taught the ancient ones so much.

I ask you:

Please share your knowledge with me today!

Teach me to see what is good and true,

and give me the strength and courage

to fight what disturbs the order of the world.

Take my presents for you, my respect for your work that never seems to come to an end, and my affection!

 

 

 

 

Kindergeburtstag: Mottoparty ‘Feuerwehr’

Wie feiert man mitten im Winter eine Feuerwehrparty mit einer Bande 5-jähriger? Im Sommer kann ich draußen mit dem Schlauch herumspritzen, kein Problem. Aber im Winter, bei unberechenbarem Wetter?

Hier sind ein paar Ideen, die sowohl drinnen als auch draußen funktionieren:

  1. Allzeit bereit!

Spielumsetzung: Parcour in Schutzkleidung

Je nach räumlichen Gegebenheiten baut man einen (Hindernis-)Parcour auf, in der einfachsten Variante einfach einen Stuhl am anderen Ende des Raums, zu dem alle einmal hin und wieder zurücklaufen müssen. Das Ganze allerdings in Schutzkleidung.

Material: Feuerwehrhelm (Karneval!), Topfhandschuhe, Erwachsenen-Gummistiefel, gegebenenfalls Hindernisse für den Parcour

 

2. Tiere aus dem Feuer retten

Spielumsetzung: Topfschlagen

Unter dem Topf verborgen ist ein Kuscheltier, das gerettet werden muss.

Material: großer Topf/Schüssel, Löffel/Schläger, Augenbinde, Kuscheltier

 

3. Feuer löschen

Spielumsetzung: Dosenwerfen

6 leere Cappuccinodosen mit rotem Krepp und kleiner Flamme bekleben, zu Pyramide aufbauen und mit Ball abwerfen lassen

Material:  vorbereitete Dosen, Ball, kleiner Tisch o.ä.

Draußen geht es natürlich auch mit Metalldosen ohne Beklebung und einem Wasserschlauch.

 

4. Bei Hochwasser über den Fluss

Spielumsetzung: Nur mit Hilfe von 2 DIN-A 4 Blättern sollen die Kinder das Zimmer durchqueren. Also immer auf 1 Blatt stehen und das andere vor sich legen und wechseln.

Material: Pro Kind 2 Blätter Papier (oder pro Team), Star- und Ziellinie

 

5. Schlauch aufwickeln

Spielumsetzung: Lakritz- oder Gummischnecken abwickeln oder alternativ Gummischnüre nehmen. 1 Schnurende in den Mund nehmen und ohne Hilfe der Hände die Schnur in den Mund ziehen und auffuttern.

Material: Lakritzschnecken, Gummischnüre

 

6. Feuerwehrquiz

Spielumsetzung: 1,2 oder 3 mit Feuerwehrfragen

Drei Antwortfelder markieren, Fragen stellen und Antwortmöglichkeiten vorlesen, Kinder sollen sich für eine Antwort entscheiden. Ein Feuerwehrquiz findet sich auf www.kidsweb.de, aber ihr könnt euch natürlich auch eigene Fragen ausdenken.

 

7. Unfallopfer befreien

Spielumsetzung: ‘Schokolade auspacken’

Reihum wird gewürfelt. Wer eine Sechs hat, darf versuchen, mit Messer und Gabel die Schachtel auszuwickeln. Wenn die Schachtel zum Schluss befreit ist (das Unfallopfer aus dem Autowrack gerettet), darf der Inhalt gemeinsam verputzt werden.

Material: 1 Würfel, eine in viele Schichten Zeitungspapier eingewickelte Schachtel mit Süßigkeiten, Messer und Gabel

 

Zum Schluss bekommen die Kinder eine Urkunde oder einen Feuerwehrausweis. Vorlagen für Urkunden gibt es z.B. bei www.kidsweb.de

 

Kuchen und Getränke:

Muffins mit rotem Zuckerguss und 112 darauf geschrieben

Streichholzplätzchen: Mürbeteig in schmale Streifen /Streichholzlänge schneiden, backen und eine Spitze in roten Zuckerguss tauchen

Waffeln mit Löschschaum (Sahne)

Getränkeflaschen mit LÖSCHWASSER beschriften

 

Weitere Ideen:

Vielleicht kennt ihr ja auch jemanden, der bei der Jugendfeuerwehr ist und bereit wäre, in seiner Uniform vorbeizukommen?

Wunderkerzen kann man auch drinnen anzünden. Vielleicht habt ihr ja noch ein paar von Silvester übrig.

Wenn die Umstände mitspielen, ist ein kleines Lagerfeuer in einer Feuerschale im Garten der Hit!

 

Anmerkung: Bei unserer Party habe ich festgestellt, dass kleine Jungs lieber frei spielen. Daher haben wir nur 2-3 Spielchen gemacht und den Rest der Zeit haben die Herren herumgetobt. Geht natürlich auch! 😉

Viel Spaß!

 

Gottheit der Woche 06: Hermod

Ich rufe den Schnellen!

Hermod,

Götterbote,

Sohn von Odin und Frigga,

Reisender auf allen Ebenen des Weltenbaums!

Wer Walhalla erreicht, den heißt du mit Bragi willkommen.

Was verloren zu sein scheint, das bringst du zurück,

wie Draupnir, Odins Ring,

den du von Helheim wieder nach Asgard brachtest nach Balders Tod.

Suchender, ich grüße dich

und heiße dich willkommen.

 

Ich habe lange nach einer Gottheit gesucht, die für verlorene Dinge zuständig sein könnte. Hermod scheint mir da ganz passend, auch wenn sein Suchen eher schamanischer Natur ist. Das eine schließt das andere ja nicht immer aus, und so oft, wie ich Dinge verlege oder verliere, könnte ich wirklich göttlichen Beistand gebrauchen.

 

In English:

I am calling out to the fast one,

Hermod,

messenger of the gods,

son of Odin and Frigga

traveller on all branches of the wolrd tree!

Those whoe enter Walhalla are welcomed by you and Bragi.

You bring back what seems to be lost forever,

like Draupnir, Odin’s ring,

that you brought back from Helheim to Asgard after Balder’s death.

Searching one,

hear my greeting!

I welcome you to this place.

 

I’ve always been looking for a deity that helps with finding back things. As often I a am searching for something I need someone like that. Hermod isn’t too busy from what we know about him, and although his searching is mostly shamanic I felt this a suitable side job for him.

 

Der schlafende Fürst unterm Gochfortzberg

Um den Gochfortzberg bei Uedem ranken sich mehrere Sagen oder Geschichten. Eine davon ist diese hier, die eine deutliche Lokalvariante des Kyffhäuser-Mythos ist. Ich habe sie nur in Stichpunkten gehört und hier dementsprechend ausgebaut. In manchen Sagenvarianten gilt der Schläfer unter dem Berg als Friedensbringer, in anderen wird er erscheinen, wenn der Weltuntergang beginnt. Tatsächlich hat man auf dem Berg Spuren einer Besiedlung gefunden. Allerdings könnte es sich dabei auch um römische Hinterlassenschaften handeln.Trotzdem ist es eine nette Deutung und fügt sich gut in den Reigen der schlafenden Könige ein. Die Bedeutung der Vögel für das Ende der bekannten Ordnung kennt man auch vom englischen Tower.

 * * *

Gleich hinter Uedem, auf dem Weg nach Xanten, liegt eine Anhöhe mit dem Namen Gochfortzberg. Früher ragte sie vorne spitz aufs Land hinaus, aber dieser Vorsprung ist schon vor langer Zeit eingebrochen. Über den Berg führen geheimnisvolle Hohlwege und in den Sträuchern an den Hängen nisten zahlreiche Vogelarten. Es heißt, dass oben auf dem Berg einmal ein Fürst seine Burg gehabt habe und dort mitsamt seinem Gesinde bestattet worden sei. Davon ist jedoch nichts mehr zu sehen.

Unsere Geschichte spielt vor einem Jahrhundert oder zwei, genau weiß ich es nicht. Die Technik war jedoch noch nicht allzu weit fortgeschritten, und wer in den Nachbarort wollte, der konnte dies mit dem Pferd oder zu Fuß erledigen.

So geschah es, dass der Schmied von Kervenheim an einem grauen Nebeltag im September in der Dämmerung von Uedem nach Hause gehen musste. Er hatte einen wichtigen Auftrag in Uedem erledigt, aber nun wurde es spät und er wollte heim. Er war ein großer, kräftiger Mann, und die Dunkelheit konnte ihn nicht schrecken.

Sein Weg führte ihn am Gochfortzberg vorbei. Seine Laterne irrlichterte in den Hohlwegen und warf wirre Schatten auf den Boden, denn der Wind wehte recht ordentlich und die Bäume bogen sich hin und her. In der Ferne hörte er einen Hasen aufschreien. Vermutlich hatte ihn eine Eule erwischt.

Mit einem Mal rauschte es um ihn und ein schwarzer Vogelschwarm stieg auf und umringte ihn.

Erschrocken sprang der Schmied ins Gebüsch und duckte sich zwischen die Brombeersträucher. Die Vögel kreisten noch eine Weile und stiegen dann langsam immer höher, bis sie im Nebel und der frühen Dunkelheit nicht mehr zu sehen waren. Ihr Krächzen hallte dem Schmied jedoch weiter in den Ohren. Während er versuchte, sich aus den Dornenranken zu befreien.bemerkte der Schmied plötzlich etwas Glänzendes zwischen den Brombeersträuchern, etwas, das er dort noch nie zuvor gesehen hatte. Er hob seine Laterne und tatsächlich – er hatte sich nicht getäuscht. Unter den Beerenranken verborgen lag eine Tür, und nicht irgendeine: Diese war mit schweren Eisenbeschlägen versehen, die sehr kunstvoll gestaltet, aber an vielen Stellen schon verrostet waren. Der Schmied nickte beeindruckt: Da hatte ein Kollege sehr gute Arbeit geleistet. Aber warum, fragte er sich sodann. Neugierig schob er weitere Ranken beiseite und bald hatte er einen Türgriff freigelegt.

Vorsichtig zog er an dem Griff. Halb rechnete er damit, dass ihm der Griff verrostet in der Hand liegen bleiben würde. Aber die Tür öffnete sich fast geräuschlos und ein dunkler Gang tat sich vor ihm auf.

Nun war unser Schmied kein Ire: Die Geschichten von Feenhügeln waren ihm nicht vertraut, und so folgte er seiner Neugier und trat in den Gang. Und tatsächlich: Nach einigen Schritten erkannte er in der Ferne einen hellen Schimmer, und bald tat sich vor ihm ein Raum auf.

Das Gemach schimmerte golden, und nicht von ungefähr: Der Boden war mit feinsten Teppichen ausgelegt. Münzen, Schmuck und goldene Trinkpokale stapelten sich in Regalen an den Wänden rund herum. Am beeindruckendsten war jedoch der goldene Thron in der Mitte des Raums.

Der Schmied staunte nicht schlecht, als er entdeckte, dass der Raum keineswegs leer war. Ein Mann saß auf dem Thron, ein uralter Mann mit einem langen weißen Bart. Und neben dem Thron stand ein anderer Mann in einer Diener-Livree, wie sie vor einer Ewigkeit modern gewesen sein mochte. Beide schienen zu schlafen, aber als der Schmied näher trat, regte der Mann auf dem Thron sich und schlug die Augen auf. Seine Gesichtszüge glätteten sich und mit einem Mal schien er um Jahre jünger geworden zu sein. Der Mann richtete sich auf, und nun sah der Schmied, dass er einen mit Edelsteinen besetzten Stirnreif trug. Ehrfürchtig erstarrte er, doch der Mann hatte ihn gesehen und winkte ihm, näher zu kommen.

„Wie lange habe ich geschlafen?“, fragte er mit volltönender Stimme. „Ich, ich weiß es nicht, Herr.“, stotterte der Schmied. „Wie bist du hierher gekommen?“ „Durch die Tür. Da war eine Tür im Gestrüpp. Ich schwöre, dass die noch nie da war. Aber auf einmal sehe ich da Metall schimmern und-“ „Schon gut.“, winkte der Mann ab. „Die Tür zeigt sich nicht jedem. Du bist mit der Magie des Eisens vertraut, nehme ich an.“ „Von Magie weiß ich nichts.“, gab unser Schmied zurück, bodenständiger Niederrheiner, der er war. „Aber ich bin ein Schmied. Da lernt man das eine oder andere über Eisen.“

„So ist es.“, stimmte der Mann zu. „Sage mir: Fliegen die Vögel noch um den Berg?“

Der Schmied dachte an den Vogelschwarm, der ihm gerade um den Kopf gesaust war. „Das kann man wohl sagen.“

Da seufzte sein Gesprächspartner tief auf und sagte: „Dann muss ich noch weiterschlafen. Meine Zeit ist noch nicht gekommen.“

Der Schmied stutzte ob dieser Aussage, und tausend Fragen schossen ihm durch den Kopf, aber der alte Mann schloss die Augen.

„Mein Diener wird dich sicher nach draußen geleiten. Leb wohl, mein guter Schmied!“

Der Diener verneigte sich aber nur knapp, nahm die Lampe des Schmieds und eilte voraus. Am oberen Ende des Gangs gab er ihm die Laterne zurück und reichte ihm überdies eine goldene Münze mit seltsamer Prägung. „Nehmt dies als Zeichen unserer Dankbarkeit.“

Dem Schmied war es nun doch unheimlich geworden und er beeilte sich, seine Schmiede in Kervenheim zu erreichen. Inzwischen war es stockfinster und regnete in Strömen.

Daheim schlief schon alles. Daher kroch er rasch unter die Decken und schlief ein. Er würde seiner Frau am Morgen alles erzählen.

Doch als der Morgen kam, und der Schmied in seine Tasche fasste, um die Goldmünze heraus zu holen, da war sie verschwunden. Er suchte alle Taschen ab und ging den Weg zurück bis zum Gochfortzberg, aber auch die Tür war nicht wieder zu finden. Ohne einen Beweis aber schien ihm selbst sein Erlebnis so abenteuerlich und an den Haaren herbei gezogen, dass es Jahre dauern sollte, bis er dieses Abenteuer jemandem erzählte. Nur ein paar graue Haare mehr schien es ihm eingebracht zu haben.

Die Tür aber blieb verschwunden, und den schlafenden Fürsten und seinen Diener hat seitdem niemand mehr gesehen. Und so soll es auch bleiben, bis die Vögel einmal aufhören, um den Berg zu kreisen.