Beten auf vielen Wegen

Beten! Och nee, das klingt aber sehr christlich. Davon wollte ich eigentlich doch wegkommen. So oder ähnlich wird jetzt vielleicht der eine oder andere Leser denken. Aber so ein Gespräch mit den Kindred kann auf verschiedene Art und Weise stattfinden. Je nach Situation, Ort, Anlass und Person gibt es viele Möglichkeiten, den Kontakt mit ihnen zu suchen.

Beten durch Worte

Das ist sicherlich das, woran die meisten als Erstes denken, wenn man sie fragt, wie man betet. Und ja, die richtigen Worte zu finden, kann eine große Wirkung haben, vielleicht nicht auf die angesprochene Gottheit, aber auf alle Fälle, auf den, der sie spricht. Dabei kann man unterscheiden zwischen dem Stoßgebet, das aus einem plötzlichen Impuls oder Bedürfnis heraus gesprochen wird, dem frei formulierten Gebet und dem fest formulierten, ausgefeilten, auswendig gelernten Text.

„Bitte mach, dass ich den Zug noch erwische!“ oder „Gott sei Dank ist das gut gegangen!“, etwas in der Art hat wohl jeder schon mal von sich gegeben, unabhängig davon, wer der oder die geheimnisvolle Angesprochene wohl sein könnte. Solche Stoßgebete sind die unmittelbare und ursprünglichste, basale Form eines Gebets.

Ein frei formuliertes Gebet hingegen hat durchaus einen vorhersehbaren Anlass und muss nicht spontan sein. Im Vergleich zu dem Stoßgebet ist es meist etwas länger. Ein solches Gebet hat oft etwas intimes, ist eine Art Zwiegespräch mit der angesprochenen Gottheit. Man lässt seinen Gedanken freien Lauf. Gerne wird argumentiert, dass dies im Vergleich zu vorformulierten Gebeten die bessere Form eines Gebets ist, da die Worte persönlich sind und von Herzen kommen.

Ein vorformuliertes Gebet, vielleicht sogar eines, das vielen Menschen bekannt ist und regelmäßig gesprochen wird, hingegen hat den Ruf, schnell zu einer Worthülse zu werden, einer leeren Phrase, die ohne nur daher gesagt wird. Oder es klingt gestelzt und unnatürlich. Gleichzeitig hat ein solches Gebet ein unheimliches Potential, wenn es von einer großen Gruppe gemeinsam gesprochen wird. Und es kann einen schnellen Zugang ermöglichen: Je öfter dieses Gebet gesprochen wird, desto breiter und besser ausgebaut ist die Verbindung, die damit geschaffen wird.

Meines Erachtens gibt es für alle diese mündlichen Gebete einen Ort und eine Zeit. Wer in einer akuten Notsituation ist, wird nicht Zeit haben, einen sorgfältig formulierten 20-zeiligen Reim aufzusagen. Wer sich in einem Ritual an eine Gottheit wendet, um ihr zu sagen, was für ein toller Typ sie ist und warum man sie angerufen hat, wird sich hingegen selten mit einem kurzen Satz begnügen. In einem privaten Ritual am eigenen Hausschrein sind persönlich formulierte Worte sicherlich angebracht. Wer ein Ritual für eine große Gruppe abhält, wird sich aber eher vorher schon Gedanken gemacht haben, was er wie sagen will. Und wer viele Leute wenigstens ein bisschen aktiv beteiligen will, der ist gut beraten, auf bekannte Texte zurückzugreifen.

Beten durch Gesten und Haltung

Nun sind Worte aber nicht das Nonplusultra. Wir leben in einer Gesellschaft, die daran gewöhnt ist, Gebete zu sprechen. In anderen Kulturen ist es hingegen durchaus gebräuchlich, mit dem ganzen Körper und durch Gesten zu beten. Vor vielen Jahren hatte ich die Möglichkeit, eine Gruppe indischer Nonnen zu sehen, wie sie ein Gleichnis aus der Bibel tanzten. Jede Bewegung, jede kleine Geste hatte dabei eine eigene Bedeutung, die sich demjenigen, der damit vertraut war, erschloss. Wer sich mit Gebärdensprache auskennt, kann das sich nachvollziehen. Tatsächlich war die sogenannte Orantenhaltung, bei der man die Arme ausbreitet und die Hände dem Himmel entgegenstreckt, über lange Zeit eine sehr verbreitete Gebetshaltung. Heutzutage sieht man sie vor allem bei Priestern in der christlichen Kirche (und bei Neuheiden natürlich), aber es gibt beispielsweise Funde von slawischer Töpferware, auf der Menschen in dieser Haltung abgebildet sind. Diese Haltung drückt die Zuwendung zum Himmel und damit dem Göttlichen aus, und so wird sie auch im heidnischen Bereich wahrgenommen: Ich trete in Kontakt zu den göttlichen Wesen.

Wesentlich bekannter sind die gefalteten Hände. Sie stammen vermutlich aus dem germanischen Raum. Diese Geste hat im Gegensatz zu der im Stehen verwendeten selbstbewussten Orantenhaltung mehr etwas mit Unterwerfung und Abhängigkeit zu tun: Wer früher seinem Fürsten seine aneinander gelegten Hände in dessen legte, der verpflichtete sich diesem. (https://www.erzdioezese-wien.at/site/glaubenfeiern/spirituelles/beten/article/65828.html, Stefan Kronthaler) Diese Geste wurde als Ausdruck der inneren Haltung zu Gott auf den spirituellen Bereich übertragen: „In deine Hände lege ich meinen Geist.“ Viel später, im Zuge der Reformation, tauchten dann die verschränkten Finger beim Gebet auf.

Innerhalb der christlichen Kirchen gibt es noch die Hände, die zu einer Schale geformt werden: Sie findet man vor allem in Italien und bei der Kommunion. Die Schale deutet an: Ich bin ein offenes Gefäß, füll mich!

Außerdem findet man im orientalischen bzw. byzantinischen Bereich das Beten mit gekreuzten Händen. Hierdurch sollen Hingabe und Vertrauen angedeutet werden. Manchmal wird dieses Haltung auch als Osiris-Haltung bezeichnet, da der ägyptische Gott gelegentlich so abgebildet wird. (Beispiel: https://mythopedia.com/topics/osiris)

Und eine weitere Haltung kommt das dem ägyptischen Bereich: die Isis-Haltung. Bei der Isishaltung werden die Unterarme gerade vorgestreckt, mit der Handfläche nach oben. Derjenige, der diese Haltung einnimmt, erwartet, dass ihm etwas gegeben wird.

Wer einmal einen Kindergottesdienst mitgemacht hat, hat vielleicht erlebt, dass hier Lieder häufig mit Gesten unterstützt werden. Ob es der angedeutete Regenbogen am Himmel ist oder die Umarmung, die vermitteln soll, das man geliebt wird – für Kinder, und nicht nur für sie verstärken Gesten unmittelbar das Gesagte und Gesungene, sie machen es anfassbar. (https://www.kinderpastoral.de/fileadmin/5_lp/as42_lp_Kinderpastoral/Methoden/Inhalt_Bewegungen_zum_Gotteslob_Juni2016.pdf Monika Mehringer)

Manche Heiden nutzen die Pommesgabel, auch als Symbol für den Teufel bekannt, hier aber als Symbol für den gehörnten Gott, speziell Cernunnos. Besonders geeignet ist dies, wenn ebenjener Gott angerufen wird.

Aus dem Islam kennen wir die Haltung, die als Sadschda bezeichnet wird. Muslime nehmen sie während der Pflichtgebet ein. Dabei berühren 7 Körperstellen gleichzeitig den Boden (Kopf, beide Hände, beide Knie, beide Füße). In dieser Haltung soll der Gläubige seinem Gott Allah am nächsten sein. Ohne die korrekte Haltung ist das Gebet nicht gültig, es sein denn, man kann sie aus gesundheitlichen Gründen nicht einnehmen.

Eine letzte, etwas extreme Haltung ist die Prostration. Dabei legt sich der Betende mit dem Gesicht nach unten und ausgebreiteten Armen lang ausgestreckt auf den Boden. In der katholischen Kirche ist dies noch üblich, wenn zum Beispiel Diakone geweiht werden. Im Mittelalter war es durchaus gebräuchlich, dass sich auch Könige im Rahmen ihrer Inthronisierung durch hochgestellte Kirchenfürsten/Päpste in diese Haltung begaben, um zu zeigen, dass Gott noch wichtiger war als sie selbst.

Welche Gesten auch immer man benutzt: Es empfiehlt sich, dabei entschieden und eindeutig vorzugehen. Eine bewusst ausgeführte Geste setzt ein ganz anderes Signal als eine unschlüssig oder halbherzig ausgeführte Bewegung. Denke großräumig! Nutze den Raum um dich herum! Besonders in Gruppen kann eine Geste sonst schnell untergehen und verliert ihren Nutzen.

In manchen Fällen werden Gesten noch mit zusätzlichen Hilfsmitteln unterstützt, z.B. einem Stab bei Zeigegesten. Gerade bei größeren Gruppen kann eine Geste so noch besser gesehen werden. Manchen hilft es auch, wenn sich sich in ihrer Gestik noch unsicher sind. Andere nutzen so ein Hilfsmittel, weil sie denken Energie so gezielter bündeln zu können.

Übrigens ist Beten mit Gesten eine schöne Methode, um Inklusion zu betreiben. Immerhin gib es mit der Gebärdensprache eine Sprache, die fast vollständig auf Gesten und Mimik basiert.

Tanzen als Gebet

Tanzen wird seit Jahrhunderten und -tausenden als eine Form des Gebets genutzt. Manche Tänze können dazu dienen, die Teilnehmer in eine Art Trance zu führen, andere dienen „nur“ dazu, eine Gemeinschaft aufzubauen. Ob man nun auf Höhlenzeichnungen von Menschen zurückgreift, auf Bibelgeschichten, in denen Menschen vor Gott tanzen, tanzende Feen oder auf Tänze aus anderen Kulturkreisen: Tanzen bringt Menschen und Götter näher zusammen.

Ein Beispiel für Tänze, die sich für Rituale eignen, sind die Reigentänze. Dabei handelt es sich um eine alte Tradition zu jahreszeitlichen Festen (was nicht dasselbe ist wie die modernen Jahreskreisfeste). Die Kreismitte wird dabei als göttliches Zentrum/Ursprungsort interpretiert. Dementsprechend tanzt man oft auch auf die Mitte zu und wieder hinaus. Eine besondere Variante hiervon sind die bretonischen Tänze: Sie stammen aus dem Mittelalter. Man fasst sich dabei an den Händen und folgt einem immer gleichen Schrittmuster, wobei die Hände teilweise mitgeschwungen werden. Die Tanzrichtung ist links im Sonnenverlauf, bei den meisten anderen Ländern hingegen rechts herum im Mondverlauf. Da manche von ihnen relativ simpel in der Schrittfolge sind, eigenen sie sich hervorragend dazu, sie mit größeren ungeübten Gruppen zu tanzen. (Bretonischer Tanz)

Aus dem Yoga kennen die meisten den Sonnengruß, Surya Namaskar, oder manche auch den Mondgruß, Chandra Namaskar. Dabei geht man durch eine Abfolge von Körperhaltungen, die den Lauf der Sonne bzw. des Mondes nachahmen. Auch dies könnte man als eine Tanzform beschreiben. (hier mal ein Video von einer Sonnengrußroutine: Klassischer Sonnengruß von Mady Morrison)

Prozessionen sind eine Tanzform, die den Teilnehmern nicht allzu viel Geschick abverlangen. Manchmal läuft es nur darauf hinaus, von A nach B zu laufen. Natürlich gibt es auch etwas komplexere Prozessionen, z.B. die Echternacher Springprozession oder Prozessionen, bei denen der Lauf an sich durch aufwändige Kostüme ergänzt wird. Als Gegensatz gibt es den einfachen Einmarsch in einen Ritualbereich mit Musikbegleitung, bei dem dieser einmal oder mehrmals umrundet wird, bis alle ihre Position gefunden haben.

Ein bekannter neopaganer Tanz ist der Spiral Dance, den Reclaiming jährlich zu Samhain veranstaltet, und das seit über 40 Jahren. Alle Teilnehmer fassen sich an den Händen und binden eine lange Schlange. Nun tanzt die ganze Formation spiralförmig auf die Mitte zu. Dort angekommen tanzt der Kopf der Schlange Auge in Auge mit den Hineintanzenden wieder hinaus. Jeder Spiral Dance steht unter einem Motto, was sich vielleicht in diesem Fall auch als Mantra bezeichnen ließe. Der Tanz wird von Gesang begleitet. Insgesamt ist es schon durch die Anzahl der Teilnehmer eine sehr beeindruckende Veranstaltung. Ich hätte euch gerne ein Video verlinkt, aber die Videos, die ich gefunden habe, dauern einfach zu lange.

Beim Tanzen im Gebet verbinden sich Körper, Geist und Seele. Wenn man tanzt, ist man sich seiner Position gegenüber der materiellen und immateriellen Welt deutlich bewusst. Die innere und äußere Bewegtheit treffen hier zusammen. Der gebetete Tanz kann die Beziehung zu den Göttern wecken, erhalten oder sogar stärken.

Maibaumtanz aus Süddeutschland

Beten durch Musik und Gesang

Ich bin mit Musik aufgewachsen. Mein erstes Musikinstrument habe ich im Kindergartenalter gelernt. Gemeinsames Singen war für mich immer ein zentraler Bestandteil meines Daseins. Klar, dass ich nahezu kein Ritual abhalte, ohne dabei wenigstens ein Lied zu singen. Musik als Kunstform ist ebenfalls eine Gabe, die man gut den Kindred geben kann. Ein Lied bleibt viel besser im Gedächtnis als eine einfache Erwähnung nebenbei. (Earth, my body, nicht druidisch, aber ein Klassiker)

Musik hat auch den Vorteil, dass sie hilft, eine Gruppe zu organisieren. Daher die Erfindung von Marschmusik als Taktgeber. Und selbst Leute, die nicht durchweg musikalisch sind, neigen dazu, bei einer gespielten Musik im Rhythmus mitzulaufen oder sich zu bewegen, sogar, wenn sie das Lied nicht leiden können.

Musik drückt das aus, was man nicht in Worte fassen kann, und sie berührt einen da, wo Worte nicht hinkommen. Musik kann ganz basale Gefühle zum Klingen bringen: Freude, Trauer, Liebe… Sie kann eine heilende Wirkung haben. Sie kann Effekte steigern, Atmosphäre erzeugen, Erinnerungen wecken. Wie Tanzen kann Musik oder ein Lied dabei helfen, dass man tiefer in eine Gebetshaltung kommt.

Wer sich mit Zahlenmagie/Numerologie/Kabbala etc. beschäftigt, der kann die technisch-mathematischen Aspekte von Musik nutzen, um Musik für eine spezielle Gottheit zu schaffen. Das Ergebnis klingt nicht zwangsläufig hübsch, in dem Fall geht es eher um die Bedeutung hinter den Tonabfolgen. Übrigens haben viele bekannte Musiker diese Möglichkeit gerne genutzt. J.S. Bach hat seinen Nachnamen gelegentlich als Notenfolge in seine Werke eingebaut (B-A-C-H)

Beten durch Arbeit

Manchmal braucht es keine Worte. Gerade in orthopraktischen Religionen und Glaubensgemeinschaften zählt mehr das, was man tut, als das, was man sagt. Und so kann körperliche Arbeit, z.B. Gartenarbeit, Müll sammeln, Bäume pflanzen, Vögel zählen als Bestandsaufnahme … als Ausdruck bewusster Hingabe und ein Gebet angesehen werden, oder auch als eine Opfergabe. Aber natürlich bezieht sich das nicht nur auf den Umweltschutz und die Liebe zur Natur.

Als Heide lebt man im Austausch mit seiner Umwelt, und dazu gehören in ganz entscheidendem Maße die Menschen um einen herum. Daher ist es genau so ein Gebet, wenn man sich für seine Mitmenschen in irgendeiner Form engagiert, z.B. ehrenamtliche Tätigkeiten (Bürgerbus fahren, Trainer im Verein, Nachhilfe geben, bei der Tafel mitarbeiten, Repaircafé, morgens in der Schule Brote schmieren und den Kiosk betreiben, Blut spenden, …) oder auch mal an einer Demonstration für Demokratie, gegen Rechtsradikalismus etc. teilnehmen.

Entscheidend ist dabei, dass man sich bewusst dafür entscheidet, etwas als Gabe an die Kindred zu tun. Das ist der Aspekt, der es zum Gebet macht.

Stille als Gebet

Als Teenager machte ich Bekanntschaft mit den Rosa Schwestern der Societas Verbum Dei (SVD). Dieser Ableger eines Missionsordens geht nicht hinaus in die Welt, um zu missionieren. Im Gegenteil, wer ihnen beitritt, sieht von der Welt nicht mehr allzu viel. Dafür verbringt man den größten Teil seiner Zeit schweigend im Gebet für andere. Als Teenager fand ich es äußerst befremdlich, dass jemand sich freiwillig so isolieren konnte. 30 Jahre später habe ich ein wenig dazu gelernt. Nichts im Leben würde mich dazu kriegen, diesem Orden oder einem vergleichbaren beizutreten. (Rosa Schwestern)

Aber eine Meditation in Stille, ohne an etwas zu denken, ohne zu planen, dieses sich Öffnen für das, was kommt oder auch nicht, diese Bereitschaft zuzuhören, die kann ich als eine Form des Gebets inzwischen annehmen. In einer Zeit der Reizüberflutung ist Stille als Gebet vielleicht die größte Gabe, die man geben kann.

Wie finde ich einen Gott – oder wie findet sie mich?

Zunächst mal vorab: Das ‚einen‘ steht da bewusst, denn hier geht es nicht um die christlichen Gott, Jahwe oder Allah, obwohl ihr die natürlich auch nehmen könnt, wenn ihr euch damit wohl fühlt.

Vielleicht bist du schon seit Jahren im Heidentum unterwegs, hast dich durch verschiedene Ansätze durchgearbeitet, aber noch nicht das Richtige gefunden und dir stattdessen überall etwas herausgepickt, bist aber auf der Suche nach mehr. Vielleicht bist du noch relativ neu, hast angefangen, die Jahreskreisfeste zu feiern, mit Kräutern, räuchern und Steinen zu experimentieren oder dir ein Runen- oder Tarotset besorgt.

In diesem Text geht es darum, die ganze Bandbreite der Götterwesen zu entdecken und herauszufinden, welche Götter und Göttinnen zu einem passen und von wem man sich vielleicht gerufen fühlt.

Aber wie? Da gibt es verschiedene Herangehensweisen.

Vielleicht hast du ja schon eine Tendenz? In dem Fall würde ich dir vorschlagen, einerseits möglichst alles zu lesen, was dir zu dieser Gottheit in die Finger kommt, vorzugsweise erst mal den belegten Kram, aber durchaus auch,welche Erfahrungen andere mit dieser Gottheit gemacht haben. Andererseits solltest du unbedingt selbst den Kontakt suchen, indem du

a) dieser Gottheit passende Geschenke machst (deswegen vorher auch die Leserei)

b) indem du dich kreativ mit ihr auseinandersetzt: die Gottheit malst oder aus Ton/Knete formst, ein Mosaik dazu gestaltest, Gedichte über sie schreibst…

c) in irgendeiner Form im Sinne dieser Gottheit tätig wirst: Kriegergott? Setz dich für eine gerechte Sache ein oder probiere einen Kampfsport. Göttin des Herdes? Koche, backe, probiere mal zu Stricken/Weben/Häkeln/Spinnen… Schicksalsgöttin? Beschäftige dich mit verschiedenen Orakelverfahren….

d) dich allgemein für sie öffnest und dieser Gottheit signalisierst, dass du Interesse an einer engeren Zusammenarbeit hättest und abwartest

Entweder funkt es oder eben nicht. Ich hatte eine zeitlang die Erwartung, dass es zwischen mir und der irischen Brighid aufgrund einiger Gemeinsamkeiten (Name, Haarfarbe, Interesse an Musik und Medizin….) eigentlich total harmonieren müsste. Ist aber nie was Näheres draus geworden. Tja…

Wenn du noch offen für alles bist, rate ich dir zu einem dieser beiden Verfahren:

Meine Glaubensgemeinschaft arbeitet mit dem kompletten indoeuropäischen Spektrum, von den griechischen Göttern über die vedischen, slawischen, baltischen, germanischen, nordischen, gallischen, walisischen, irischen, schottischen, römischen und noch so einige kleinere Ableger der indoeuropäischen Götterwelt. Am Anfang des Dedikantenpfads, einem freiwilligen Studienprogramm, im Rahmen dessen man sich damit auseinandersetzt, was der eigene Glaube bzw. der Weg von ADF eben bedeutet, steht die Aufgabe, sich eines dieser Götterpantheone auszusuchen und ein Jahr lang damit zu arbeiten. Dabei muss man nicht dabei bleiben. Es geht nur darum, einen Anfang zu machen und in die indoeuropäische Gedankenwelt einzutauchen.

Ich habe mich damals zunächst für die nordischen Götter entschieden, weil das naheliegend war. Da gab es reichlich Infos zu und sie standen mir näher als die griechischen oder vedischen Götter. Im Laufe dieses Jahres ist mir aber auch klar geworden, dass es nicht völlig passend ist. Manches finde ich gut, manches ist mir fremd geblieben. Also habe ich mich weiter umgeschaut und bin schließlich bei einer Mischung aus dem gallischen Pantheon und für meine Region belegten germanischen Göttern (Nehalennia, Vagdavercustis, Hercules Magusanus, Matronae Nersihennae…) gelandet. Ich hatte aber eine Grundlage, von der ich mich vorarbeiten konnte.

Eine andere Möglichkeit ist es, sich eine Liste von diversen Göttern und Göttinnen zu machen, die man kennt oder deren Namen man schon mal gehört hat. Es sollten am Ende ca. 52 Namen sein. Vielleicht googelst du auch einfach mal nach Götternamen. Alternativ kannst du hier im Werkelwald mein „Gottheit der Woche– Projekt“ als Vorlage nutzen. Jede Woche beschäftigst du dich nun mit einer anderen Gottheit und guckst mal, was passiert. Im Rahmen meines Projektes habe ich damals z.B. die irische Morrighan kontaktiert, aber wir werden nicht so richtig warm miteinander. Dafür habe ich Hekate für mich entdeckt, die ich vorher gar nicht so auf dem Schirm hatte und mein Faible für slawisch-baltische Götter. Der Vorteil hierbei ist, dass du dich nicht auf ein Pantehon festlegen musst und auch nicht auf einen Kontinent. Wenn dir ein paar asiatische oder afrikanische Götter über den Weg laufen, die dich faszinieren, dann immer her damit.

Vielleicht stellst du irgendwann auch fest, dass es für dich gar nicht so sehr ein spezieller namentlich bekannter Gott sein muss:

Vor einigen Jahrhunderten (nämlich während der Romantik) haben sich die Leute für Pan und Apollo begeistert, bzw.für Diana/Artemis und einzelne andere Gottheiten. Im Laufe der Zeit wurden diese Götter ihren Originalvorlagen jedoch immer fremder: Aus dem griechischen Gott Pan wurde eine Art Allroundgott der Natur. In seiner Welt war es immer frühlingshaft-sommerlich, alles war grün und schön und besser als in der Realität, in der immer mehr Leute in den Städten zusammenlebten und die Industrialisierung ihren Laut nahm. Pan wurde der gutaussehende Mustermann, der auch mal Gefühle zeigte und das Vorbild des modernen Mannes sein sollte. Übrigens nahm man irgendwann einen Tausch vor. Pan verschwand in der Versenkung und an seine Stelle trat manchmal Cernunnos. Ähnlich erging es den Göttinnen: Auch sie wurden vor allem nach den Büchern von Margret Murray und Robert Ranke Graves immer mehr verallgemeinert zur ultimativen Fruchtbarkeitsgöttin bzw. Dreifaltigkeit von Jungfrau-Mutter-Alte. Daraus entwickelten sich die Götter der Wicca und Hexenkults. Zwar wurden Gott und Göttin noch mit Namen bedacht, aber tatsächlich handelt es sich eher um generische Gottheiten, nicht mehr um die Ursprungsversionen.

Oder du bist der Typ für Archetypen? Du hast verschiedene Kategorien von Göttern für unterschiedliche Aufgaben, aber sie müssen nicht einen bestimmten Namen und den dazugehörigen Hintergrund haben. Es reicht dir ein Donnergott,, ein Fruchtbarkeitsgott, eine Göttin des Herdfeuers und die Konzepte, die sie vertreten (Wetter, Wachstum, Gastlichkeit…) Die Geschichten, die mit den jeweiligen Individuen verbunden sind, interessieren dich weniger. In dem Fall würdest du von manchen Leuten nicht als richtiger Polytheist betrachtet, sondern eine ‚weiche‘ Version, aber das kann dir ja egal sein. Das ist übrigens auch eine Version, mit der viele Agnostiker gut leben können.

Ein Beispiel für eine heidnische Ausrichtung, die sich mit Archetypen befasst, ist das sogenannte Waincraft.

Und andersherum? Wir findet eine Gottheit dich?

Wenn wir das so genau wüssten… Ich habe mir sagen lassen, dass man es merkt, wenn so eine Gottheit deine Aufmerksamkeit erregen will. In dem Fall liegt es dann an dir, den „Anruf anzunehmen“ und die Beziehung auszubauen.

Ich wäre sehr gespannt, von dir zu hören, wie deine Erfahrungen sind.

Neopaganer Stammtisch in Kleve

Nach langem Hin und Her haben eine Freundin und ich uns zusammengetan und einen Stammtisch für die neopagane Gemeinschaft in unserer Region organisiert. Am 16.02.24 ab 19:30 treffen wir uns erstmals im Ratskrug in Kleve-Materborn.

Unsere Zielgruppe sind Heiden aller Art, ob Druiden (so wie ich oder die OBODies), Wicca, Schamanen, Hexen, Asatru oder anders den nordisch-germanischen Göttern zugewandte Heiden, eklektische Heiden und auch einfach Leute, die sich dafür interessieren und bisher noch keinen oder kaum Kontakt mit dem Thema hatten.

Wir freuen uns auf einen regen Austausch zu spirituellen Themen.

Wir stehen dabei für ein Heidentum, das inklusiv ist: frei zugänglich für alle Menschen, egal welchen Geschlechts, welcher Hautfarbe und welcher physischen Einschränkungen. Ihr seid uns alle willkommen und wir bemühen uns, euren Bedürfnissen gerecht zu werden.

Liebe Angehörige des rechtsradikalen Spektrums und auch diejenigen, die der Meinung sind, dass europäische Götter auch nur für hellhäutige Menschen gedacht sind: Das hier ist der falsche Platz für euch.

Aus organisatorischen Gründen bitten wir um eine kurze Anmeldung unter d.geurden84 aett gmail.com, aber wenn ihr spontan auftaucht, lassen wir euch trotzdem rein 🙂

EDIT: Nachdem der erste Stammtisch ein Erfolg war, hier nun die Termine für die nächsten beiden Stammtische!

Fr, 22.03.24 ab 19:30

Fr, 26.04.24 ab 19:30

Fr, 24.05.24 ab 19:30

(jeweils der 4. Freitag im Monat)

Ein Gebet für meine Kinder (Prayer a Day 2023)

Heute danke ich für die Kinder, die mir geschenkt wurden.

Sie sind ein Segen und eine Freude für mich,

eine Quelle der Inspiration und oft auch eine Herausforderung.

Ich möchte keines davon missen.

Ich bin froh um die Zeit, die ich mit ihnen verbringen darf.

Ich bin froh um die Dinge, die wir gemeinsam machen können.

Genießen will ich den Augenblick, der mir bleibt, bis sie groß sind.

* * *

In English:

A prayer for my kids

Today I give thanks for the children I have been given.
They are a blessing and a joy for me,
a source of inspiration and often a challenge.
I wouldn’t want to miss any of them.
I am glad for the time I get to spend with them.
I am glad for the things we can do together.
I want to enjoy the moment I have left until they grow up.

Ein Lied für die Sonne (Prayer a Day 2023)

Ich singe für die Sonne,

leuchtendes Zentrum unseres Planetensystems.

Meine Töne hüllen dich ein,

wenn ich deine wärmenden Strahlen genieße,

im kühlen Herbst, im trüben Winter mehr denn je.

Draußen mag es regnen und stürmen,

aber wenn der Himmel aufreißt, nur für einen Moment,

dann bist du da und bringst die Welt zum Leuchten.

Piano und forte klingt mein Lied für dich,

mal andante, mal als Jive,

so wie du mal glühst und alles zu verbrennen drohst

und dann wieder das Leben aus der Erde lockst.

Ohne dich wäre dies ein öder Klumpen im All.

Mit dir ist es Heimat.

Ich singe für dich, Sonne, so wie du für mich tanzt,

im ewigen Kreis.

In English:

A song for the sun

I sing for the sun,
shining center of our planetary system.
My tones envelop you,
when I enjoy your warming rays,
in the chilly fall, in the gloomy winter more than ever.

It may rain and storm outside,
but when the heavens open, just for a moment,
then you are there and make the world shine.

Piano and forte sounds my song for you,
sometimes andante, sometimes jive,
the way you sometimes glow and threaten to burn everything
and then lure life out of the earth again.

Without you, this would be a barren lump in space.
With you, it is home.
I sing for you, sun, just as you dance for me,
in the eternal circle.

Runengebet (Prayer a Day 2023)

Ich bitte um die Kraft von Uruz:

Möge die Erde mir Halt geben,

dass ich mich in ihr verwurzeln kann.

Ich bitte um den Segen von Algiz:

Sei mein Stützbalken. Segen mich,

damit ich die Kraft finde, für andere da zu sein.

Ich bitte um die Weisheit von Tiwaz:

Gib mir die Fähigkeit, meine Kräfte einschätzen zu können

und wenn nötig, mir selbst gerecht zu werden

und mich zu schonen.

* * *

In English:

Rune Prayer

I ask for the power of Uruz:
May the earth give me support,
that I can root myself in it.

I ask for the blessing of Algiz:
Be my support beam. Bless me,
so that I may find the strength to be there for others.

I ask for the wisdom of Tiwaz:
Give me the ability to assess my strength
and if necessary, to do justice to myself
and to spare myself.

Ein Dankeschön nach einem gelungenen Ritual (Prayer a Day 2023)

Das war ein gutes Ritual.

Es ist immer noch eine Herausforderung,

Rituale für Gruppen zu gestalten,

aber es hat geklappt.

Ich hoffe, dass jeder der Beteiligten,

ob körperlich oder geistig anwesend,

etwas daraus mitnehmen konnte,

und ich danke allen,

die daran mitgewirkt haben.

* * *

In English:

A thank you after a successful ritual

That was a good ritual.
It is still a challenge
to design rituals for groups,
but it worked.
I hope that everyone involved,
whether physically or mentally present,
was able to take something away from it,
and I thank everyone
who were involved.

Buchtipp für heidnische Eltern

Kommst du mit nach draußen?

Eine Entdeckungsreise durch Garten und Stadt

Peter Wohlleben

Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg 2021

Der ehemalige Förster und jetzige Eigentümer von Wohllebens Waldschule stellt in diesem Buch zahlreiche Tiere und Pflanzen vor, die man auch als Stadtkind antreffen kann.

Von der Ausrüstung, die ein junger Entdecker braucht, über Experimente mit verschiedenen Naturmaterialien, die man durchführen kann (Schleimpilze züchten ;)), ein Herbarium anlegen, Fährten lesen und Tierkot bestimmen und Tiergeräusche unterscheiden über Ereignisse am Himmel (Zugvögel beobachten, Blitz-Zitronen…), Düfte und weniger angenehm Duftendes, Rekorde in der Tier- und Pflanzenwelt, eigene Abenteuer (im Freien übernachten, Feuer machen…) bis hin zu nützlichen Dingen wie selbst Gemüse anbauen und Übernachtungsmöglichkeiten für Tiere schaffen gibt es in diesem Buch allerhand zu entdecken für alle Kinder von 6 bis circa 12 Jahre.

Für Eltern, die ihre Kinder bewusst mehr an die Natur heranführen möchten, ist dieses Buch absolut zu empfehlen. Meine Kinder sind gerade zu alt dafür, aber ich habe es mir in der Bücherei ausgeliehen und begeistert darin gestöbert.

Und ein weiterer Tipp vom selben Autor:

Hörst du, die die Bäume sprechen? Eine kleine Entdeckungsreise durch den Wald

Samhain-Gruß an die Vorfahren

Die Tage werden kürzer, die Nächte kälter.

Der Sommer ist gegangen, der Winter steht vor der Tür.

In dieser Zeit des Übergangs versammeln wir uns hier,

vor der Quelle, vor dem Feuer, unter dem Baum,

und grüßen unsere Ahnen.

Wir flüstern von unseren Ahnen des Landes,

jenen Völkern und Stämmen, die hier vor Urzeiten gelebt haben,

die Erinnerung an sie wie ein Rascheln in den Baumwipfeln.

Eure Namen spiegeln sich in unserer Geschichte wieder, in den Namen unserer eigenen Völker.

Wir erzählen von unseren Ahnen des Blutes,

jenen Menschen, von denen wir unmittelbar abstammen,

deren Gene unser Aussehen und unsere Stärken und Schwächen beeinflussen,

von deren Erfahrungsschatz wir profitieren.

Wir singen zu unseren Ahnen des Herzens und des Geistes,

jenen Menschen, die uns nahestehen, ohne dass wir mit ihnen verwandt sind,

die durch ihr Tun unser eigenes Handeln und Denken mitformen und prägen,

die unsere Vorbilder sind, denen wir nacheifern wollen.

Wir schweigen über jene Ahnen, mit denen wir hadern,

die wir am liebsten vergessen würden,

aber auch von ihnen können wir etwas lernen,

uns sei es nur, wie man etwas nicht tut.

Hier sind wir versammelt,

vor der Quelle, vor dem Feuer, unter dem Baum,

und wir rufen euch zu:

Kommt zu uns, wenn ihr mögt! Seid uns willkommen in unserer Runde!

Dieses Gebet kann im Ritual genutzt werden, wenn man die Ahnen begrüßen möchte.